Eine kleine Auswahl am Jahresende: Jenevieve, Suzy Analogue, Harry Styles, Tiwa Savage, Asian Doll u.a.
Ab und zu ist es sinnvoll, daran zu erinnern, dass selbst abseitige Magazine und Websites wie die »Pop«-Zeitschrift nur möglich geworden sind, weil es Teens und Twens einmal wichtig erschien, ihre Begeisterung für Popmusik nicht als Privatsache anzusehen. Nicht allein (oder gar nicht) Velvet Underground oder Bob Dylan sollten öffentliche Anerkennung bekommen, sondern auch (oder gerade) die Supremes, Chic, Boy George.
Dafür wurde eine ganze Menge avancierter ästhetisch-politischer Argumente aufgeboten. Heute ist das wahrscheinlich (oder hoffentlich) nicht mehr stets nötig. Es reicht mitunter schon, auf Stücke und Auftritte zu zeigen, es muss nicht mehr jedes Mal gerechtfertigt werden, weshalb diese kommerziellen, eingängigen, nicht subversiven etc. Sachen gut sind. Um einige aus dem reichen Popmusikjahr 2022 eher nach dem Zufallsprinzip hervorzuheben:
Bevor es rasch zur Funky- und Groove-Sektion kommt, soll am Beginn das traditionellste Stück stehen, »Itʼs Not Just Me, Itʼs Everybody«. Americana-Klassizismus führt zurück in die erste Hälfte der 1970er Jahre.
Eine etwas zeitgenössischere Variante behaupteter Sensibilität stammt in Low-Budget-Version von Chiara To You. Melancholisch-dramatische Ballade trifft auf sparsame, alte Studioeffekte. Zugleich ein Angebot an Leute, die Exklusivität nötig haben, bisher erst 731 Aufrufe.
Für Suzi Analogue und Turkana brauchte es noch die Versicherung »Never Normal & Anti-Mass«, um »Make It Shake« einzuspielen. Hängt aber wohl nur an fehlendem Marketing, dass sich bislang nicht mehr Massenzuspruch einstellt.
Nun aber endlich Funkytime (noch etwas älter als Weyes Bloods Traditionen, dennoch in geringerem Maß als solche erkennbar, weil weniger dicht in ihrer Form und zugleich alltäglicher). Gleich einige Songs in Dauerschleife, bekannt aus Boutique und Bar, funktional, mondän, sexy, ohne Höhepunkt, mit Autotune zur Vollendung gelangt. Das von Tiwa Savage und Amaarae bricht vernünftigerweise zweimal da ab, wo früher ein Saxofonsolo gekommen wäre:
Die Repetition verträgt aber manchmal sogar Drama am Ende:
Hier plagiiert Jenevieve sich weitgehend selbst (vgl. »Baby Powder«), sehr gute Idee.
Mit leichter Temposteigerung:
Sicherlich ein Fehler, Jenevieve zu verlassen, aber alles wird in diesen Sog hier hineingezogen:
Scheinbar eine Unterbrechung mit der fantastischen Hit- und Lifestylesensation …
… aber dies soll auch dem Beweis dienen, dass aus solch einem makellosen Song ein respektables Fahrstuhl-Funk-Cover ganz ohne Starappeal werden kann. Wer will schon entscheiden, was besser ist, braucht man nicht beides? Zeit genug dafür ist doch vorhanden:
Zum Schluss zurück zur melancholischen Steigerung, jetzt im Synthiepopformat:
Außerhalb des Songs klingt Shygirls Stimme übrigens so: