Amerikanische Deutschlandbilder. Die 80er-Jahre-Agentenserie »Scarecrow and Mrs. King«/»Agentin mit Herz«
von Maren Lickhardt
28.8.2018

US-Amerikanische TV-Klischees über Deutsche

Die Serie Agentin mit Herz könnte ein einziges Ärgernis darstellen, hätte Kate Jackson nicht so eine drollige Stimme. Die durchschnittliche amerikanische Hausfrau Amanda King, gespielt von eben jener Kate Jackson, die gerne mal Strickjacken trägt und sich selbst wörtlich stets brav als Mutter und/oder Hausfrau bezeichnet, wenn sie gefragt wird, wer sie ist oder was sie tut, beginnt durch Zufall, dem CIA beim Lösen von Spionagefällen zu helfen. 

Will sagen: In jeder durchschnittlichen Amerikanerin steckt das Zeug zu einer aktiven Patriotin. Ja, gerade weil die Sorge der Mutter in erster Linie den Kindern gilt, kann sie gewissermaßen als Nebentätigkeit regelmäßig die Welt retten. Dass sie mit ihren Söhnen Pfadfinderkurse besucht, dass sie ihnen bei den Hausaufgaben hilft und dass sie deren sportliche Aktivitäten überwacht, liefert ihr quasi en passant schon mal die Hälfte aller Skills, die sie als Aushilfsagentin benötigt. So bringt sie ‚von Natur aus‘ zahlreiche Fähigkeiten mit, um das zu tun, was ‚von Natur aus‘ oberste Staatsräson sein muss: die Welt vor dem Kommunismus zu bewahren. Außerdem ist die Welt ja sowieso in Ordnung, solange Frauen noch Frauen sind, d.h. Amanda hat allein dadurch eine gesellschaftlich stabilisierende und rettende Funktion, weil sie im Intro den Staubsauger betätigt, als ginge es um ihr Leben. Hier verweisen Vaterland und Familie, Chauvinismus und Sexismus aufeinander.[1]

Immerhin wird Amanda gegen Ende der Serie mit dem männlichen Protagonisten belohnt. Dass sie mit dem smarten, gutaussehenden Agenten Lee Stetson, gespielt von Bruce Boxleitner, zusammenkommt, vermittelt Männern die Botschaft, dass Frauen zwar bieder, einfältig und ungestylt sein dürfen – oder müssen –, aber dass die Männer mutig, sportlich und mondän sein müssen – oder dürfen. Strickjacke vs. Smoking. Ford vs. Corvette.[2] Was davon die größere Zumutung darstellt, sei dahingestellt.

Problematisch ist außerdem die Figur Francine Desmond, die von Martha Smith verkörpert wird. Wir haben es hier mit einer erfahrenen Agentin und eleganten Frau zu tun, die als derartiger Typ vorgeführt wird, um sie systematisch zu demontieren. Sie ist zickig, eitel, arrogant und picky – im Kontext der 80er kann man vielleicht auch an ein Wort erinnern, das ich seit Jahren nicht mehr gehört habe, das aber eigentlich ganz gut passt: pingelig. Sie scheint kaum ein Privatleben zu haben, und in ostentativen Gegenüberstellungen mit Amanda wird immer wieder darauf verwiesen, was sie nicht kann: kochen, putzen, umsorgen… Es ist Amanda, die im Sinne der Serie bei all diesen Vergleichen als Siegerin hervorgeht und die am Ende den aufregenden Mann bekommt – nicht obwohl, sondern weil sie nicht ist wie Francine.

Bei näherem Hinsehen muss man zugeben, dass die Serie nicht ganz so stereotyp ist bzw. dass die – für das durchschnittliche Publikum bedienten – Stereotype nicht gänzlich unangekratzt bleiben. Amanda ist geschieden, und zum Auftakt der Serie betont sie, dass sie keineswegs vorhat, so schnell wieder eine Beziehung oder Ehe einzugehen, was sie auch lange Zeit nicht tut. Außerdem genießt Amanda die Abenteuer mit dem CIA viel zu sehr. Sie scheint sie wirklich zu brauchen, denn in den ersten Folgen drängt sie sich immer wieder auf und bettelt geradezu darum, dass man sie in einen Fall einbinden möge. Sooo umfassend erfüllend kann das Hausfrauen- und Mutterdasein also nicht sein. [3]

Insgesamt wird deutlich, dass in der patenten Amanda mehr steckt, als ihr alltägliches Umfeld wahrnimmt. Sie ist mutig, klug und bleibt sich stets treu. Sie weiß, wer sie ist, und im Zuge der romantischen Annäherung der ProtagonistInnen wird ebenfalls deutlich, dass auch Lee ganz genau weiß, wen er vor sich hat. Sie trieft im Grunde vor ‚Substanz‘, und auch hier muss man die Frage aufwerfen – nicht beantworten –, ob das nun gut oder schlecht ist.

Blickt man vor diesem Hintergrund ein letztes Mal auf die Beziehung der Figuren, muss auffallen, dass Lee in der Übersetzung des Titels ins Deutsche verloren gegangen ist. Auf die Nennung beider Figuren Scarecrow – so Lees Agentenname – und Mrs. King ist verzichtet worden, und aus der Misses ist eine Agentin geworden, deren herausragende Eigenschaft ist, dass sie Herz hat. Der deutsche Titel fokussiert also die weibliche Protagonistin und nicht – wie der amerikanische – die Beziehung der beiden Figuren. Und zur deutschen Ausstrahlung passt der deutsche Titel auch besser als der Originaltitel, denn Amanda erscheint in dieser präsenter, was etwas damit zu tun hat, dass – wenn ich mich nicht verzählt habe – von den 88 amerikanischen Folgen nur 71 ins Deutsche übersetzt, synchronisiert und vom ZDF ausgestrahlt wurden. 

Die Serie besteht aus der üblichen Mischung aus – episodischen – Spionagefällen, in denen es im Wesentlichen um Ost-West-Konflikte im Zuge des Kalten Krieges, Südamerika, Schwellenländer und inländischen amerikanischen Terrorismus geht – letzteres ist heute im amerikanischen Mainstream-Fernsehen kaum noch vorstellbar –, und einem – leicht linearen – Handlungsbogen rund um die romantischen Annäherungen der ProtagonistInnen. Nun wundert es mich, dass ich mich – als Kind – nicht über die ZDF-Version gewundert habe, denn durch die 17 fehlenden Folgen entstehen erhebliche Inkonsistenzen. Im Deutschen wurden fast alle actionärmeren Folgen, die die Figuren persönlich näher vorstellen, und alle Folgen, in denen die private Annäherung der beiden explizit thematisiert wird, weggelassen. 

So fehlt der erste Kuss, wodurch es eigentlich befremdlich erscheinen müsste, dass sich die beiden später ohne großes Aufhebens häufiger küssen. Ebenso werden im Deutschen sehr viele Gespräche ausgelassen, in denen die beiden ihren Beziehungsstatus aushandeln. Und dann heiraten sie im Amerikanischen sogar heimlich, was im Deutschen herausfällt und überhaupt nicht thematisiert wird. 

Zwar wird auch in den synchronisierten Episoden deutlich, dass die beiden ein Paar geworden sind, aber die Folgen, die in Deutschland gezeigt wurden, fokussieren die jeweiligen Spionagefälle. D.h. die deutsche Serie funktioniert wesentlich episodischer als die amerikanische. Wenn es sich bei den fehlenden Folgen auch nur um 17 handelt, so sind es aber doch diejenigen, die den lineareren und persönlicheren Charakter der Serie im Amerikanischen prägen. 

In den episodischen Spionagefolgen steht Amanda dann allerdings im Vordergrund, weil sie unsere Identifikationsfigur beim Eintritt in dieses fremde Szenario darstellt, weil sie sich weiter entwickeln kann als Lee, weil sie für Überraschungen jenseits des Protokolls sorgt, und weil sie sich auffallend tapsig verhält. Obwohl sie figuren- und handlungspsychologisch betrachtet den durchschnittlicheren Charakter hat, spielt sie nämlich dramaturgisch gesehen die weitaus interessantere Rolle. Fokussiert auf die Spionagefälle bleibt von Scarecrow and Mrs. King letztlich im Wesentlichen eine Agentin mit Herz. 

Zwei der nicht-synchronisierten Folgen fallen deutlich aus dem Schema heraus. Es handelt sich um die einzigen beiden Folgen, die in Deutschland spielen, und zwar in München. Die erste beginnt mit dem Glockenspiel am Neuen Rathaus, wo man im Hintergrund Deutschlandfahnen sieht. Wir sehen außerdem Schloss Nymphenburg, einen Biergarten und den Friedensengel. Wir hören Blasmusik, eine Ziehharmonika und eine bayrische Melodie auf einer Holzflöte. Zu allem Überfluss trägt Amanda einen auffallenden blau-weißen Blazer, und selbstverständlich trinkt sie in einem Brauereilokal schunkelnd ein Maß Bier. München, wie es sich AmerikanerInnen vorstellen. Deutschland, wie es sich AmerikanerInnen vorstellen. Die Folge legt diese pauschale Schlussfolgerung tatsächlich nahe unabhängig davon, dass es sich bei dem Gesagten natürlich auch um ein deutsches Klischee bezüglich amerikanischer Klischees über Deutsche handelt (s02e02). 

Passend zum Münchner Stadtszenario spielt Amanda als Tarnung eine Touristin. Als Lee ihr Anweisungen gibt, wo das nächste Treffen stattfinden soll, benennt er zwar auch den Ort, verweist dann aber auf die Nummer, die die Sehenswürdigkeit auf dem Reiseführer hat, den Amanda zur Orientierung mit sich führt: Es handelt sich um den Friedensengel mit der Nummer 11. Hier wird reflexiv verhandelt, dass nicht nur Amanda einen Reiseführer abklappert, sondern dass auch die Folge alles bietet, was AmerikanerInnen mit großer Sicherheit sehen werden, wenn sie sich selbst einmal auf eine Europatour begeben, oder was sie vielleicht auf einer solchen schon gesehen haben. Die Serie möchte nicht originell sein. Sie zitiert und kompiliert, und das Vergnügen besteht im Wiedererkennen – für wenige aus eigener Erfahrung, für die meisten aus anderweitiger massenmedialer Vermittlung.

Dass die kommerzielle und konsumistische Globalisierung aus amerikanischer Sicht – und aus dieser dann bedauerlicherweise – noch nicht ganz durchgegriffen hat und in Deutschland noch nicht angekommen ist, erkennt man daran, dass einer der ersten Dialoge zum Gegenstand hat, dass den AmerikanerInnen in Deutschland Hamburger, Milchshakes und Pommes Frites fehlen. Wenn ich mich recht erinnere, gab es die in meiner Kindheit, und man hat auch in Kleinstädten gerne mal bei McDonald’s gegessen. Im Grunde wendet sich diese Aussage – ungewollt – gegen die Figuren, denn hier wird das Bild der typischen AmerikanerInnen ausgepackt, die sich nicht so gerne auf lokale Begebenheiten einlassen. Das merkt man auch in einer Szene, in der die AgentInnen einen Amerikaner auf einer Party von einer übergewichtigen blonden Dame, einer Walküre, erretten, und sich dieser explizit erleichtert und dankbar darüber zeigt, nun endlich mit AmerikanerInnen sprechen zu dürfen. Landsleute helfen sich eben gerne aus und bleiben auch gerne unter sich. Allerdings wird das weder kritisch, ironisch noch bewusst verhandelt, sondern selbstverständlich ist man erleichtert, in Europa nicht nur auf EuropäerInnen zu treffen.

Das Verfahren der Kompilation bekannter Images ist üblich in 70er-und 80er-Jahre-Serien und auch in Bezug auf Agentin mit Herz nicht besonders bemerkenswert. Interessant ist aber, dass diese Folge im deutschen Fernsehen nie ausgestrahlt wurde, obwohl sie als episodische Folge zu den synchronisierten Episoden passt oder, anders gesagt, kein Merkmal der nicht-synchronisierten Folgen aufweist. Es kann angenommen werden, dass das ZDF seinen deutschen ZuschauerInnen keine Deutschlandklischees zumuten wollte bzw. nicht vor Augen führen wollte, welches Deutschlandbild in der amerikanischen Populärkultur zirkuliert. Vermutlich umso mehr, als der junge Sky du Mont einen Baron Klaus von Eiger spielend Amanda nicht nur mit Handkuss, sondern auch mit Hackenknallen begrüßt und verabschiedet – einem preußischen Ritual, was zeigt, dass in dem Deutschlandmix Signifikanz und Prägnanz über historische oder geographische Passung geht.

Nun ist es nicht ungewöhnlich, dass man als DeutscheR im Ausland hin und wieder mit Bayern identifiziert wird, und zwar einem Bayern, das es natürlich auch in Bayern so nicht gibt und das bis zu einem gewissen Grad für TouristInnen erfunden wurde. Und doch muss das ZDF davon ausgegangen sein, dass die Konfrontation mit diesen Klischees im Unterhaltungsprogramm nicht goutierbar war. Offensichtlich wollte man die Bewusstmachung des eigenen Objektstatus im Blick der Anderen meiden.

Dass in einer Folge, die in London spielt (s02e01), Scotland Yard, Big Ben, Trafalgar Square, Covent Garden, der Tower, Buckingham Palace, Black Cabs, Doppeldeckerbusse etc. gezeigt werden, und Amanda hier statt Bier in einem Brauereilokal einen Fünf-Uhr-Tee trinken möchte, stört Deutsche natürlich nicht, die in London genau dieses Programm selbst absolvieren würden oder bereits absolviert haben. Mit fremdem Blick sind Stereotype natürlich erlaubt, weshalb die Folge synchronisiert wurde.

Das betrifft bemerkenswerterweise auch Österreich (s02e04). In Salzburg hören wir Walzer und Leierkastenmusik. Wir sehen eine Österreich-Flagge im Hintergrund und dann diverse Schlösser und Brunnen, Fiaker, die Mozart-Statue auf dem Mozartplatz, das Alpenpanorama, Dirndl und Trachten, ein Puppenspiel. Hier isst Amanda Brezel, und die Figuren trinken Schnaps. Nun ist Österreich für Deutsche freilich Ausland. Die entsprechenden folkloristischen Elemente erscheinen also offenbar erträglich, wenn sie nach außen projiziert werden können, und sei es auf den deutschsprachigen, eng verwandten Nachbarn, an den aus amerikanischer Sicht die gleichen Stereotype geknüpft werden wie an Deutschland. Was für amerikanische ZuschauerInnen also kaum einen Unterschied machen dürfte, wird durch die ungleiche Synchronisationspraxis aus deutscher Sicht deutlich abgegrenzt. Österreich ist offenkundig anders genug, dass man sich in Bezug auf dieses Land Trachten und Dirndl zu Gemüte führen kann.

Und dann gibt es da noch eine zweite München-Folge (s02e07). Den Schauplatz zwei Mal zu wählen, ist aus logistischen Gründen zwar naheliegend. Beim zweiten Mal muss allerdings auffallen, dass hier eine Überrepräsentation Bayerns vorliegt. Möglicherweise war es schwierig, in Berlin Drehgenehmigungen zu erhalten, und Bonn war ästhetisch nie besonders interessant. Wenn man aber bedenkt, dass die Serie in großem Maß vom Kalten Krieg handelt, mag man sich wundern, warum die deutsche Teilung absolut keine Rolle spielt, obwohl die Reise zwei Mal nach Deutschland geht.

Was das Atmosphärische betrifft, so haben wir wieder Blasmusik, Trachten, einen Biergarten und einen Schuhplattler, und die Figuren trinken Schnaps. Wenn man will, kann man beleidigt reagieren, weil so deutlich archaische, rurale Elemente fokussiert werden. Aus amerikanischer Perspektive befinden wir uns in der Peripherie, im 19. Jahrhundert. Allein die zugeschriebenen Alkoholika sind schon ein wenig simpel im Vergleich dazu, dass die Figuren in den USA stets Champagner oder Wein trinken. Auf Kosten des ortsansässigen Polizisten dann geht der Scherz, dass er den Namen Jamie nicht kennt bzw. ihn nicht versteht und nach einem Hymie fragt, weil Deutsche ja im Großen und Ganzen im Gegensatz zu allen AmerikanerInnen wirklich überhaupt keine Fremdsprachen beherrschen.

Nun stellt es ein kleines Horrorszenario dar, aus heiterem Himmel unschuldig verhaftet zu werden, und wenn einem dies im Ausland widerfährt, wünscht man sich aus deutscher Sicht, dass es nicht in … geschieht – um nun kein Land zu benennen –, sondern lieber im europäischen Ausland. Amanda passiert das nun in Deutschland, und aus amerikanischer Sicht ist das schon eine ziemliche Katastrophe. Jedenfalls muss Lee extra anreisen, um diese äußerst schwierig erscheinende Situation aufzulösen. Allein daran ist erkennbar, wie stark hier ein Othering betrieben wird, das West-Deutschland aus dem Kreis der zivilisierten Staaten verbannt.

Vor Ort treffen die beiden dann einen anderen amerikanischen Agenten, der bereits vor längerem nach Tegernsee versetzt worden war. Dieser erweist sich als Alkoholiker, und er liefert dafür die Begründung, dass er schließlich in die Diaspora verbannt worden sei. In Tegernsee geschehe nie etwas, er habe dort keine Gesellschaft, man befinde sich wirklich am Ende der Welt, nein, man sei geradezu aus der Welt gefallen.

Einen echten Grund zu Verstimmung liefert all das dem deutschen Publikum im Grunde nicht. Aber fragt man sich, warum diese Folge vom ZDF nicht ausgestrahlt wurde, ist zunächst einmal klar, dass sie zu der ersten München-Episode passt, dass Deutschland aber dieses Mal nicht nur sehr klischeehaft, sondern auch als peripher und antiquiert dargestellt wird. Je nach Perspektive kann man sich über diese Zuschreibungen reflexiv erheben oder ihnen zustimmen und sich so oder so dabei eigentlich ganz harmlos unterhalten – falls man überhaupt einen Draht zu der Serie hat. Das ZDF war vielleicht ein bisschen übervorsichtig.

Nun hat sich der exterritorialisierte Agent aus Frust und aus Geldgier auf eine neo-nationalsozialistische Organisation eingelassen, die von Paraguay aus das sog. Dritte Reich wieder auferstehen lassen möchte und in Deutschland nach Falschgeldplatten Hitlers sucht, weil sie ihre Ziele schließlich finanzieren muss. Der heruntergekommene Agent versäumt es nicht, sich von den Zielen der Organisation zu distanzieren. Er wolle ja schließlich nur daran verdienen, was im Sinne der Serie allerdings als besonders schändlich herausgestellt wird. 

Dagegen ist es dem behäbigen deutschen Polizisten vergönnt, unser AgentInnen-Duo beim Showdown vor der NS-Organisation zu retten und zu betonen, dass er sich keineswegs mit dieser identifiziere, nur weil er Deutscher sei. Die Linie zwischen Gut und Böse wird nicht zwischen den USA und Deutschland gezogen. Vielmehr wird gezeigt, dass und wie der NS ein aktuelles Problem darstellt, und es keineswegs damit getan ist, dieses lediglich im Modus der Vergangenheitsbewältigung zu thematisieren. Aber in diesem Modus ist das Problem in Deutschland lange Zeit abgehandelt worden. Wer hat schon angesichts aufklärerischer KZ-Dokumentationen daran gedacht, dass einige der TäterInnen in den 80er Jahren ein gutes Leben in Südamerika hatten und nie der Gerechtigkeit zugeführt worden waren? Vermutlich wurde die Folge aufgrund ihrer archaischen Deutschlandstereotype nie synchronisiert, aber bemerkenswert ist doch auch, dass hier leichthin und nebenbei der Finger auf eine Wunde gelegt wird und dass dies im deutschen Unterhaltungsbereich in der Form unterschlagen wurde. 

Ästhetisierungen und Schematisierungen des NS waren im Ausland immer weniger tabuisiert als in Deutschland. Vielleicht weil der Gegenstand als zu ernst für unterhaltende Verhandlungen erachtet wurde, was durchaus ein guter Grund wäre, aber nebenbei stellt sich durch das Tabu auch die Schonung ein, dass im alltäglichen Leben ausgeblendet wird, was nun einmal Sache ist oder in den 80er Jahren Sache war, z.B. Nazis unter südamerikanischer Sonne, mit denen man sich in jeder Hinsicht hätte gründlicher beschäftigen müssen.

 

Anmerkungen

[1] Tricia Jenkins bringt es auf den Punkt: „Perhaps no other actress embodies the network’s decision to move away from overt sexuality, violence and jiggle in favor of themes more acceptable to the perceived dominant ideologies of the New Right era than Kate Jackson.“ (Tricia Jenkins: The Suburban Spy and The Rise oft he New Right. Negotiating Gender Politics in Scarecrow and Mrs. King. In: Journal of Popular Film and Television 36/4 (2009), S. 201.) Tatsächlich ist die Serie zunächst einmal ein Lehrstück darin, wie die New Right Einfluss auf die Programmgestaltung gewinnen und Patriarchalismen und Konservatismen im Fernsehen wieder etablieren konnte.

[2] Die beiden fahren im Laufe der Serie mehrere Autos: Lee neben der Chevrolet Corvette C4 einen Porsche 356 B Cabriolet, Amanda neben dem Ford geräumige, günstigere Familienkutschen, die ich bezeichnenderweise nicht näher benennen kann.

[3] Jenkins macht zu Recht auch darauf aufmerksam, dass die Serie sehr wohl verhandelt, dass Ideologie und Wirklichkeit auseinanderklaffen, indem eine geschiedene Frau gezeigt wird (204/205). Nun muss man zunächst einmal einwenden, dass dramaturgisch auch nichts Anderes als eine geschiedene Frau gegangen wäre, wenn man die neue Mütterlichkeit zeigen und gleichzeitig einen romantischen Erzählstrang zwischen den AgentInnen eingebauen wollte. Die eigene oder eine fremde Ehefrau in die Agententätigkeit einzubinden, wäre nicht nur weniger unterhaltsam gewesen, weil es dann keine romantische Annäherung hätte geben können, sondern weil das ja auch wirklich zu unheimlich wäre, also ich meine, wenn es am Ende die Ehefrauen sind, die in die Welt der Ehemänner einfallen… Trotzdem zeigt die Serie eine interessante Spannung. Sie affirmiert auf den ersten Blick reaktionäre Ideologien, sodass eine bestimmte AdressatInnengruppe befriedigt wird. Es scheint aber durch, dass auch andere Absichten an der Serie mitwirken bzw. dass populärkulturelle Artefakte eben sehr ambivalent sind und heterogene Interessen verhandeln, denn ganz nebenbei werden z.B. immer mal wieder AktivistInnen von Umweltschutzgruppen oder der Friedensbewegung eher positiv dargestellt, sind rechte amerikanische Terroristen die Schurken etc. Der für Konservative beruhigende und bestätigende Ton der Serie täuscht teilweise ein bisschen darüber hinweg, dass hin und wieder auch progressive Ideale untergeschoben werden.

 

Maren Lickhardt ist Assistenz-Professorin am Institut für Germanistik der Leopold-Franzens-Universität Innsbruck.