Ariel Pink, Tops, Better Person, Homeshake, Foxygen, Iconique, Andreas Dorau
Sein in Kürze erscheinendes Album auf Mexican Summer hat Ariel Pink dem Singer-Songwriter Bobby Jameson gewidmet (schon im Titel: „Dedicated To Bobby Jameson“). Nachdem Jameson in den 1960er Jahren als aufstrebender Superstar gehandelt wurde, galt er nach Suizidversuchen und anderen Dramen viele Jahre als verschollen, bis er 2007 im Internet wiederauftauchte. In einem Blog und auf Youtube suchte er nachträglich den ihm zustehenden Ruhm, 2015 starb er.
Was nun verbindet Ariel Pink mit Bobby Jameson, außer ihrem gemeinsamen Lebensort – real-life-L.A.? Die Antwort steht in der Kommentarspalte des Videos: „ariel is the typical guy that as soon as he dies everybody will start talking about him“. Dem großen Thema angemessen, geht es im Video zur Single „Another Weekend“ weniger indie-clownesk zu als üblich. Der ewige mexikanische Sommer braucht keine Sonne, er findet in ventilierten Innenräumen statt.
Auch Tops haben ihr aktuelles Album in Los Angeles in einem ehemaligen Bordell aufgenommen. Ihr Video zur Single „Petals“, das viel L.A.-Vibe versprüht, handelt vom Reiz abgehalfterter Starfiguren, hier Star-Doppelgänger. Man wähnt sich fast in einem Thomas-Meinecke-Roman – nur, dass Shania Twain, Madonna und Michael Jackson nicht diskutieren, sondern auf einer dieser Retro-Geburtstagsparties mit den taufrischen Bandmitgliedern zwischen bunten Torten und Luftschlagen unbeschwert herumtanzen. Das ist das lebensbejahende L.A.
Tops hatten auf ihrer kürzlichen Europatour Better Person als Vorband engagiert, bürgerlich Adam Byczkowski. Der Auftritt sieht so aus, dass Byczkowski den Track anmacht und mit nach hinten gebeugtem Kopf lasziv ins Mikrofon singt. Das stilistische Bindeglied zwischen Tops und Better Person ist der kanadische Sänger Sean Nicholas Savage, der wie Tops in der Indieszene Montreals beheimatet ist und mit Better Person die Vorliebe zu schmachtenden Posen teilt (hier die beiden im Duett). „Zakochany Cz³owiek“ (A man in love) ist die erste Single, auf der Better Person in seiner Muttersprache Polnisch singt; ein Umstand, der sein romantisches Einzelgängertum aufs Schönste unterstreicht.
Ein weiteres Produkt der Musikszene Montreals ist die Band Homeshake. Peter Sagar spielte zuvor Gitarre bei Mac DeMarco, was man den eiernden Riffs deutlich anhört. Aber Homeshake verbinden die Lo-fi-Schluffigkeit stärker mit R&B, klingen synthetischer, entrückter und gleichzeitig kontrollierter. Eine Choreografie zu diesem Sound muss so aussehen:
Aber zurück nach Kalifornien. Foxygen fühlen sich alt. Im neuen Video zu „Avalon“ geht es um Ermüdung, die sich beim wiederholten Bedienen der selbsterschaffenen Sparte einstellt, im Fall von Foxygen heißt sie „young fresh hippies“. In diesem Drama sagt der Performer Sam France: „I don’t wanna wear 60s stuff. It’s so lame!“ Der Regisseur Jonathan Rado antwortet: „Well that’s what people want from us. They dont want some twenty-eight-year-old ex-hippies run around, they want young fresh hippies. Grow your hair long, put a flower in it.“ Sam France weigert sich und setzt seine Hollywood-Musical-Idee durch, am Ende folgt die Versöhnung mit einer Slideshow der pausbäckigen („young fresh“) Baby-Foxygen.
Iconique sind eine noch recht unbekannte Band aus L.A. und spielen discoiden Sythpop, oder eher: sie performen ihn. Entgegen der ersten Vermutung, der Sänger müsse Musicaldarsteller sein, ist er Manager. Die anderen beiden Bandmitglieder, Brüder, wirken eher wie Indiejungs, die sich gerade an das Genre gewöhnen, was den Auftritt aber noch charmanter macht. Auf Instagram posten sie Bilder von sich, Mariah Carey, Prince und George Michael. Weil sie noch nicht so viele haben, brauchen sie dringend Klicks, Likes und Follower!
Um mit all der kalifornischen Verträumtheit zu brechen, zum Schluss noch etwas deutscher Brachialhumor, verbunden mit einem ernsten Anliegen: Andreas Dorau will in die Charts. Auf seinem gerade erschienenen Album „Die Liebe und der Ärger der anderen“, das es zur Unterstützung seines Ziels zu kaufen gilt, befindet sich z.B. der Sommerhit „Ossi mit Schwan“. Im Text geht es um Gewalt gegen Schwäne und Ostdeutsche, genauer: um grobe Bayern, die in Bierzeltnähe mithilfe eines lebenden Schwans einen „Ossi“ verprügelt haben. Nach einer wahren Geschichte.