Die Logik der Serie
von Ruth Mayer
13.8.2024

Fu Manchu, Fantômas und die serielle Produktion ideologischen Wissens

[aus: »Pop. Kultur und Kritik«, Heft 1, Herbst 2012, S. 135-154]

Serien und serielle Produkte galten lange Zeit als Inbegriff des Massenkulturellen – standardisierte, ritualisierte Erzeugnisse im Wiederholungszwang, flach, stereotyp und auf schnellen Konsum ausgerichtet, anonymisiert und unautorisiert. Die erfolgreichen seriellen Strukturen und Produkte entwickelten sich schließlich in der Populärkultur des 19. Jahrhunderts im engen Bezug auf eine sich herausbildende kommerzialisierte Unterhaltungskultur, eine Vorform der Kulturindustrie des 20. Jahrhunderts. Dann – und nicht erst seit dem Hype um amerikanisches ›quality tv‹ – wurden Serien und Serialität als ästhetische Verfahren der auf Distinktion zielenden Populärkultur interessant. Pop-Art, serielle Musik und anspruchsvolle Serien wie »Twin Peaks« adelten das Format des Seriellen, analog dazu wandten sich seriöse Kulturwissenschaftler auch den Niederungen der serialisierten Massenkultur zu. Serialität als Format und Verfahren mit bestimmten ästhetischen und konzeptuellen Implikationen wurde in den 1980er und 90er Jahren zunehmend zum eigentlichen Gegenstand der Populärkulturforschung und nicht mehr nur als ein textuelles Attribut unter vielen anderen verbucht (vgl. Eco 1985; Calabrese 1987; Hagedorn 1988). Ein wichtiger Impuls für die sich formierende Serialitätsforschung ging dabei von den Cultural Studies aus, was dazu führte, dass gerade jene Aspekte der seriellen Ästhetik und Praxis, die klassisch negativ konnotiert waren – die fehlende Signatur des Autors, der fehlende Werkcharakter, die diffuse Rezeptionsstruktur – zum Ausgangspunkt für positive Neuverortungen des Seriellen wurden. Serielle Produkte interessierten nun gerade, wenn sie nicht hochkulturell einzuordnen waren und sich gegen die Werteordnungen der etablierten Kunst- und Kulturwissenschaften sperrten. Besonders attraktiv erschienen in diesem Zusammenhang die Rezeptionsstrukturen des Seriellen: Fankulturen und die Szenen der Insider, Aficionados und Kenner, wie sie sich um serielle populärkulturelle Produkte formieren, fügten sich schließlich hervorragend zum Desiderat der Cultural Studies, die Gestaltungsmacht und Kreativität der Rezipienten ins Zentrum der Aufmerksamkeit zu stellen (exemplarisch hier: Radway 1984; Ang 1985; Fiske 1987; Jenkins 1992; Hayward 1997).

Mein Aufsatz speist sich aus diesen Studien und Diskussionen, aber ich möchte im Folgenden eine neue Facette der Serialitätsforschung eröffnen, die maßgeblich für aktuelle Annäherungen an populärkulturelle Ausdrucksformen und Medienmanifestationen generell verstanden werden kann. Dabei beziehe ich mich wesentlich auf die Arbeit der Forschergruppe »Populäre Serialität«, in deren Rahmen mein Aufsatz entstand. Ausgangspunkt für die Arbeit der Forschergruppe und für diesen Aufsatz ist die Annahme, dass das serielle Material selbst in der Interaktion von Produzenten, medialen Formaten und Rezipienten nicht nur als recht beliebiger Impulsgeber fungiert, sondern eine weitaus aktivere und wirkmächtigere Rolle für die Entfaltung dessen spielt, was ich als Serialitätsprinzip nicht nur kulturell, sondern auch politisch verorten möchte. Unter seriellem Material verstehe ich dabei ebendie Elemente einer seriellen Erzählung, die Serialität markieren – Bilder, Figuren, Plots, Phrasen und Attribute, die einmal etabliert und dann immer wieder variiert, neu inszeniert, reinterpretiert, ironisiert und dramatisiert werden und damit als wesentliche Bezugspunkte für ein Seriengedächtnis wirken, das komplexe serielle Erzähl- und Repräsentationsnetzwerke allererst aufrechterhält. Wer versucht, die Dynamik der seriellen Proliferation auf einzelne Agenten zurückzuführen, seien es nun Autoren, Verlage, Studios, Szenen, Leser oder Fans, hat schon verloren. Populäre Serialität generiert sich selbst:

»Serial narratives support little authorial commitment; instead, they foster a dynamic of continuous differentiation, provoking further concatenations in all directions. It is usually not »the people« who are doing this against a cabal of elitist authors or companies. Rather, what we can observe in these manifold reprises is the productivity of serial textuality itself: narrative entanglements that, in their sum, are never the result of intentional structuring, even as they invite ever more intentions and ownership claims to participate.« (Kelleter k.d.)

Der amerikanische Autor Michael Chabon bezeichnete populäre serielle Erzählungen wie die Sherlock Holmes-Geschichten als »storytelling engines«: »among the most efficient narrative apparatuses the world has ever seen« (2008: 47). Die Metapher des ›Motors‹ ist besonders glücklich gewählt, weil sie eher ein Prinzip – ein Regelwerk, eine Maschinerie oder einen Mechanismus – suggeriert als ein Verfahren oder eine Technik. Damit kommt ein ganzes Gefüge von Faktoren in den Blick. Serielle Produktion in der Populärkultur wird angetrieben durch das Ineinandergreifen von Subjekten und Apparaten, Medien, Institutionen, Instanzen und Szenen, durch Ensembles und Settings; durch eine Interaktion, die mit der globalen Implementierung von elektrischen Kommunikations- und Massenmedien gegen Ende des 19. Jahrhunderts einen Anschub und ›drive‹ erfuhr, wie er noch fünfzig Jahre zuvor undenkbar erscheinen musste.

Ich argumentiere nun, dass es kein Zufall ist, dass zu der Zeit, als die Maschine der populären Serialität elektrisiert wurde, auch die Politik des Hochimperialismus und die globalen Nationalisierungs- und Ethnisierungsbewegungen in ihrer Folge weltweit in Serie gingen. Nicht von ungefähr fasste Benedict Anderson in »Imagined Communities«, der wohl populärsten wissenschaftlichen Studie zum Denkmodell des Nationalen und zur Erfolgsgeschichte des modernen Staats, den Prozess der globalen Verbreitung und lokalen Appropriation des Gesellschaftsmodells und des Konzepts der ›Nation‹ in den Termini des Seriellen (1998: 40). Mit dieser Assoziation echoet Anderson unbewusst (zumindest ohne darauf zu verweisen [vgl. hierzu White 2004: 62]) die sehr grundlegenden Überlegungen von Jean-Paul Sartre zu den gesellschaftspolitischen Implikationen des Prinzips der Serialität. Ich werde auf diese gesellschaftspolitischen Beobachtungen zum Seriellen unten genauer eingehen, möchte aber zunächst einige allgemeine Überlegungen zur formalen Verknüpfung narrativer und ideologischer Figurationen anstellen, um zu zeigen, dass Serialität Bedeutung nicht nur Ausdruck gibt, sondern diese generiert.

1. Form, Struktur, Ideologie

Die Einsicht, dass serielles Erzählen multikausal bedingt und kulturell überdeterminiert ist, scheint eine sozialwissenschaftlich und historisch informierte Annäherung an das Phänomen nahezulegen, wie sie inzwischen in Literatur- und Medienanalyse gängig ist. Vor diesem Hintergrund kommen die Technologien in den Blick, die die serielle Produktion von Texten und Bildern ermöglichen und ihren Vertrieb beschleunigen, und die Institutionen, die Serienerzählungen produzieren, in Umlauf bringen oder archivieren, werden ebenso zum Gegenstand der Analyse wie die Kollektive und Gemeinschaften, die diese Erzählungen konzipieren und weiterspinnen. Das alles ist unerlässlich, um Serialität als Prinzip zu erfassen, aber ich meine, dass das Phänomen des Seriellen wie kaum ein anderes auch auf die Notwendigkeit einer – neu gerahmten – formalästhetischen Annäherung verweist. Denn es sind nicht nur die menschlichen, maschinischen und institutionellen Akteure und Agenten im Nexus des Seriellen, die Serienerzählungen vorantreiben – es sind vor allem die Erzählungen selbst mit ihren medial selbstreflexiven Verschraubungen, die hier zur treibenden Kraft werden.

Mit dem Siegeszug der Cultural Studies und ihrer Phalanx begleitender Ansätze zur Populärkulturforschung mit gesellschaftspolitischem Anspruch haben empirische und diskursanalytische Methoden, die sich direkt mit der sozialen Situiertheit ihres Gegenstandes (seien das nun Hip-Hop-Bands oder Comics, Fernsehserien oder Kleidungsstile) befassen, Konjunktur. Zumal im Bereich der Medienanalyse erwies sich das Feld der Aneignungs- und Rezeptionsforschung, ergänzt durch Forschungen zu Produktionsbedingungen und -kulturen, als maßgeblich, wenn es um die Auseinandersetzung mit populären Phänomenen und Figurationen geht (Hepp 2010: 255-270). Die Formanalyse mag zur Feinabstimmung eingesetzt werden, das eigentliche Geschäft der Populärkulturstudien, vor allem in Blick auf ausgreifende Gebiete wie die Serien- oder Serialitätsforschung, aber scheint besser bei der empirischen Sozialforschung, der Kultur- oder Mediengeschichte oder der Ethnografie aufgehoben, so dass die Methoden dieser Disziplinen die kulturwissenschaftliche Annäherung der letzten Jahrzehnte vor allem im englischsprachigen Raum auch wesentlich mehr beeinflusst haben als die klassischen Methoden etwa der Narratologie oder gar der systematischen Rhetorik. In einer Reflexion zu diesem Thema lässt David Palumbo-Liu die Agenda der wichtigsten Theoriezeitschriften mit literaturwissenschaftlichem Fokus der 1980er und 90er Jahre in den USA Revue passieren und kommt zu dem Schluss, dass sich alle in ihren Gründungsheften und programmatischen Selbstbeschreibungen dezidiert von Formanalyse und Formalismus distanzieren. Diese Distanzierungsgesten zeugen von der Zugkraft neuer, vor allem aus den Cultural Studies stammender Methoden, so Palumbo-Liu, sie geben der Überzeugung Ausdruck, dass diese sozialwissenschaftlichen oder historiografischen Methoden verschüttete »Elemente« der »individuellen oder der Sozialgeschichte« (Palumbo-Liu 2008: 814, meine Übersetzung) im literarischen Text erschließen könnten, die mit den herkömmlichen hermeneutischen Methoden der Textanalyse opak blieben. Der Kontextualisierungs- und Historisierungstrend in der Kulturwissenschaft wird nun aber nicht nur von konservativen Kritikern zunehmend in Frage gestellt. Auch Vertreter eines »activist formalism« (Wolfson 2000: 2; vgl. auch Wolfson/Brown 2007) wie Palumbo-Liu plädieren seit geraumer Zeit für eine Rehabilitation der Form und des Formalen, die interdisziplinär und interkulturell informiert ist – für einen New Formalism (vgl. auch Rooney 2000: 25).

Die formalästhetische Wende manifestiert sich nicht nur im Bezug auf literarische Texte, sondern zeichnet sich auch in den Bildwissenschaften ab (Mitchell 2003). Aber bei allen Lippenbekenntnissen für eine Auseinandersetzung mit »all the materials that enter into today’s scholarship« (Levinson 2007: 559) steht doch außer Zweifel, dass der neue Formalismus seine Aufmerksamkeit hauptsächlich auf das altbewährte Material richtet – bevorzugt auf literarische Texte mit hochkultureller Zuschreibung aus klassischen literaturhistorischen Umbruchphasen (ebd.: 562). Dabei bietet sich ein formalistischer Analyseansatz durchaus auch für kulturelle Produkte an, die nicht per se unter Kunstverdacht stehen und sich auch in den klassischen Parametern des Kunstwerks (Autorschaft, Werkcharakter, Originalität, Innovation oder Aura) nicht fassen lassen. Denn bei der Formanalyse treten Produktions- und Rezeptionsbedingungen in den Hintergrund und erlauben die Konzentration auf die eigendynamische Gestaltungsmacht von ›Verfahren‹, ›Formaten‹, ›Strukturen‹. Damit manifestieren sich Dimensionen kultureller Expressivität, die sich nicht personalisieren lassen, die aber auch nicht universell sind. Die Form fungiert als ›post-humanistische‹ Größe, wie Cary Wolfe im engen Verweis auf Niklas Luhmann schrieb, sie lenkt die Aufmerksamkeit auf sich selbst und hebt in der Selbstbeobachtung die Trennung von Wahrnehmung und Kommunikation und letztlich auch von Form und Inhalt auf bzw. macht diese unerheblich (2008; vgl. Luhmann 1997: 165-214, vgl. auch Denson 2011). Form ist in dieser Lesart mithin weit mehr als ein Kommunikationsmittel oder eine Manifestationsart von Inhalten, sie erweist sich als instrumental bei der Herstellung von Bedeutung; kein Begleitumstand, sondern der eigentliche Gegenstand der kulturwissenschaftlichen Betrachtung. Auf die Logik der populären (und politischen) Serialität zurückbezogen bedeutet das, dass die formalen Prinzipien des Seriellen bestimmten Vorstellungen und Denkmodellen (oder Ideologien) nicht nur Raum geben, sondern dass sie diese schaffen – und dann ihre Zirkulation wesentlich bedingen. Die Form des Seriellen muss in der Folge im komplexen Bezug zu den Medien gesehen werden, mittels derer sie aktualisiert wird, und zu den ideologischen Regimes, innerhalb derer sich diese Aktualisierungen vollziehen. Dabei verbietet sich eine rigide Unterscheidung in Figur/Grund- oder Thema/Horizont-Binarismen, weil diese Pole in den seriellen Arrangements ständig changieren und bei der Analyse sorgfältig – formal – gegeneinander austariert werden müssen (vgl. auch Engell 2001 und 2004).

Das wird besonders deutlich, wenn man als Fallbeispiel serielle Figuren betrachtet. Unter seriellen Figuren verstehe ich Figuren, die im Laufe ihrer Karriere einen oder mehrere Medienwechsel durchlaufen und flach angelegt sind (vgl. auch Denson 2012; Denson/Mayer 2012). Anders als Seriencharaktere, die in einer fortlaufenden Inszenierung (beispielsweise einer Soap Opera, einem Serienroman oder einer Saga) entwickelt werden, erfahren serielle Figuren – wie Umberto Eco einst über Superman schrieb – in jeder Inszenierung aufs Neue einen virtuellen oder »scheinbaren Anfang«, der den »Endpunkt des vorangegangenen Ereignisses außer Acht lässt« (Eco 1984: 206). Seriencharaktere wachsen und bilden eine mehr oder weniger lineare Biografie aus, während serielle Figuren durch Wiederholungen, Revisionen und sogar gelegentliche ›reboots‹ der eigenen Geschichte geprägt sind. Serielle Figuren und Seriencharaktere müssen dabei als idealtypische Figurationen verstanden werden, in der narrativen Entfaltung gehen sie oft ineinander über. Man kann sogar sagen, dass serielle Figuren in der Regel auf Seriencharaktere zurückgehen: Viele (Tarzan, Sherlock Holmes, Fu Manchu) wurden zunächst in Zeitschriftenproduktionen in Fortsetzung eingeführt, dann in Serienromanen weiterentwickelt und mutierten schließlich mittels Medienwechseln zu seriellen Figuren. Dass es oft ein Medienwechsel ist, der aus einem Seriencharakter eine serielle Figur werden lässt, ist bezeichnend, denn in der Interaktion mit den medialen Formaten ihrer Inszenierung zeigt sich eines der interessantesten Potenziale der seriellen Figur: Ihre Fähigkeit zu erzählen, ohne zu viel Aufmerksamkeit auf den Erzählgegenstand zu lenken. Serielle Figuren sind, einmal eingeführt, schnell vertraut und unmittelbar erfassbar. Sie fordern nicht viel Konzentration, es ist oft spannender, die jeweiligen medialen Umstände ihrer Inszenierung genauer in den Blick zu nehmen (etwa wenn der Tonfilm »Tarzan, the Ape Man« 1932 Tarzan eine Stimme gibt oder wenn in der BBC-Neuauflage der Sherlock Holmes-Geschichte im Miniserienformat digitale Special Effects die Serienhandlung dominieren). Und weil die Figuren keine Aufmerksamkeit auf sich ziehen, treten oft auch die materiellen und formalen Aspekte ihrer narrativen Implementierung und Aktualisierung (detaillierte Stilisierung von Gegenständen und Räumen, exotische Settings, bizarre Erzählperspektiven, ungewöhnliche Figurenkonstellationen) in den Vordergrund ihrer seriellen Inszenierung.

Aber wenn ich hier für einen ›neuen Formalismus‹ plädiere, soll das nicht bedeuten, dass ich einer Abwendung von politisch und sozial engagierter Populärkulturforschung das Wort rede. Denn im Zuge der Verlagerung der Aufmerksamkeit auf mediale und formale Erzählumstände und -rahmen wird auch ideologisches Wissen auf ganz eigene Weise implementiert und seriell fortgeschrieben. Die formalästhetische Analyse muss zum integralen Bestandteil einer kritischen Medienanalyse werden. Dabei geht es aber eben nicht um ein Abgleichen singulärer kultureller Phänomene mit dem breiteren Kontext des ideologischen ›Zeitgeschehens‹. Und es geht auch nicht primär darum, serielle Figuren als politisch zu präsentieren, sondern zunächst einmal müssen Politik und Gesellschaft in ihren seriellen Dimensionen verstanden werden.

2. Serialität, Gemeinschaft, Kollektiv

Wohl eines der populärsten Beispiele für eine serielle Praxis, die unmittelbar bedeutungs- und sinnkonstituierend wirkt, ohne dass man diese Bedeutungsstiftung (allein oder unmittelbar) auf der Inhaltsebene verorten könnte, stammt aus Benjamin Andersons Studie zur Konzeptualisierung der modernen Nation, »Imagined Communities«, und bezieht sich auf die Wirkmächtigkeit des Rituals der Zeitungslektüre. Dieses Ritual wird bedingt durch die technischen Verfahren der Reproduktion und Vervielfältigung, wie sie Roger Hagedorn (1988) als die Anschubkräfte der seriellen Narration ausmachte. Die moderne Presse mit ihren Produktions- und Disseminationsbedingungen ist als ›offene Serie‹ angelegt und eröffnet für Benedict Anderson eine ›modulare‹ Vision der Welt:

»The obsolescence of the newspaper on the morrow of the printing […] creates this extraordinary mass ceremony: the almost precisely simultaneous consumption (›imagining‹) of newspaper-as-fiction. We know that particular morning and evening editions will overwhelmingly be consumed between this hour and that, only on this day, not that. […] The significance of this mass ceremony – Hegel observed that newspapers serve modern man as a substitute for morning prayers – is paradoxical. It is performed in silent privacy […]. Yet each communicant is well aware that the ceremony he performs is being replicated simultaneously by thousands (or millions) of others of whose existence he is confident, yet of whose identity he has not the slightest notion. […] At the same time, the newspaper reader, observing exact replicas of his own paper being consumed by his subway, barbershop, or residential neighbours, is continually reassured that the imagined world is visibly rooted in everyday life […], fiction seeps quietly and continuously into reality, creating that remarkable confidence of community in anonymity which is the hallmark of modern nations.« (Anderson 1991: 35-36)

Ich habe diese Passage in dieser Länge zitiert, weil ihr Gegenstand so oft aufgerufen wird, um die vermeintlich grundlegenden Thesen von »Imagined Communities« zu umreißen, ohne dass die Theorie der Serialität, die Anderson in der Folge entwickelt und in der späteren Studie »The Spectre of Comparisons« von 1998 noch konkretisiert, in den Blick der Rezipienten käme. Dabei illustriert das Beispiel sehr anschaulich die serielle Komponente einer sozialen Praxis, die nicht primär als zweckgerichteter Akt verstanden werden muss (die Informationen, die aus der Zeitungslektüre gewonnen werden, spielen in Andersons Darstellung im Grunde keine Rolle), sondern als performative Aktion der Selbstvergewisserung oder Gemeinschaftsbildung. In diesem Zusammenhang spielen formale Aspekte wie die Umstände und Konditionen der täglichen Lektüre (nicht nur die Umgebung und der ritualisierte Ablauf, sondern auch das vertraute Layout, die immer gleiche Organisation der Zeitung in konventionelle Sektionen, das etablierte Begriffsinventar und die geläufigen Wendungen, Interessen und Argumentationslinien) eine weitaus wichtigere Rolle als inhaltliche Variablen. Das sind die Aspekte, die Benedict Anderson als ›modular‹ ausmacht – als die Versatzstücke einer auf Kompatibilität und Verschaltung zielenden politischen und ökonomischen Ordnung, die einer »Logik der Serie« (1998: 34, hier und im Folgenden meine Übersetzung) folgt, einem »neuen seriellen Denken«, das eine »neue Grammatik der Repräsentation« generiert (ebd.: 34). Diese ›Module‹ des modernen nationalstaatlichen und populärkulturellen Denkens docken dabei an die Rituale und Konventionen der vorhergehenden säkularen und bürgerlichen Ordnungssysteme an, totalisieren und instrumentalisieren diese Routinen aber in einer Weise, die es ihnen allererst gestattet, als überregionale und letztlich globale Schaltstellen zu fungieren.

Diese ›serielle‹ Dimension in der Herstellung des Nationalstaatsgedankens und des Nationalismus wurde bisher in ihren Implikationen nur von Partha Chatterjee (1999) und Ed White kritisch diskutiert. White schrieb über »Imagined Communities« treffend: »Rarely has a critical best-seller been so popular and so ignored at the same time« (2004: 50). Die Parallelität der Denkfigur des Seriellen zu populären Verfahren und Prinzipien der transnationalen Bedeutungsproduktion und Gemeinschaftsbildung wurde überhaupt noch nicht reflektiert. Solch eine Bezugssetzung mag zunächst einmal dabei helfen, Andersons Argumentationsgang zu präzisieren und zu konkretisieren. Denn die bildungsbürgerlichen Formate der Tageszeitung und des Romans, die Anderson prominent ins Feld führt, um eine Logik der Serie zu entwickeln, dürften schließlich gegenüber den populärkulturellen ›Maschinen‹ der Bedeutungsproduktion und -dissemination im 18. und 19. Jahrhundert deutlich sekundär gewesen sein. Vor allem der Unterhaltungsmarkt um ›penny papers‹, ›dime novels‹, Feuilletonromane und die sich herausbildende sensationalistische Boulevardpresse sollte bei der nationalen und transnationalen Herstellung von Gemeinschaften und Gemeinschaftserfahrungen wesentlich zu Buche schlagen (Reynolds 1989; Slotkin 1992; Denning 1998; Fahs 2001; Castro-Klarén/Chasteen 2003; DeForest 2004; Skog 2007; Edelstein 2010; Canjels 2011). Für die Epoche von 1880 bis 1960 und danach fungieren die Massenmedien Kino, Radio und Fernsehen dann als ungleich effektivere und enger getaktete Apparate zur Dissemination von Fantasien der Gleichzeitigkeit und der Gemeinschaft als die Romane und Zeitungen der Epoche davor (Tichi 1992; Spigel 1992; Hempf/Lehmkuhl 2006; Hipfl/Hug 2006; Shavit 2009; Berry/Kim/Spigel 2010). Die populärkulturelle Arbeit dieser Medien lässt sich in der Semantik der Serialität – in den Begriffen von Regelmäßigkeit, Ritualisierung, Standardisierung, Wiederholung und Variation des Vertrauten – exemplarisch beschreiben. Sie zeigen, um ein weiteres Mal Benedict Anderson zu zitieren, »how basic to the modern imagining of collectivity seriality always is« (1998: 40).

Die serielle Dynamik und der serielle Charakter ideologischer Gewissheiten und politischer Zusammenschlüsse wurden nun skizzenhaft bereits mit der massenkulturellen Wirkmacht der seriellen Figur in Bezug gesetzt. Michael Chabon sah das Aufkommen von Sherlock Holmes in enger Verbindung mit der westlichen Faszination für die weißen Stellen auf der Landkarte, für den »Cape-to-Cairo spirit«, der Kolonialismus und Industrialisierung gleichermaßen bestimmte (2008: 49) und auch für die Prozesse der Nationalstaatsbildung und der globalen Nationalisierungsbewegungen verantwortlich zeichnet. Nahezu zeitgleich mit Sherlock Holmes kamen Dracula, Tarzan, Fu Manchu, Fantômas und mit signifikanten Einschränkungen auch die Comic-Superhelden Superman und Batman in kulturellen Umlauf, und auch bei diesen Figuren manifestiert sich die Logik der Ausbreitung immer gleichermaßen politisch und publizistisch. Das Ausgreifende der Erzählform Serie lässt sich so mit dem expansiven Grundgestus des Imperialen assoziieren – es geht in beiden Fällen um Projekte der (kommerziellen) Aneignung und Verbreitung, um Versuche der Kontrolle, die von der Dynamik der Kontaktzone durchdrungen sind und deren Ablösung von einem ursprünglichen Autor oder Medium auf die ambivalente Dynamik von Erzählungen verweist, die sich nie völlig kontrollieren und ideologisch festschreiben lassen, sondern ständig Revisionen und Neuschreibungen provozieren (vgl. auch Mayer 2002; 2011). Die meisten dieser Figuren etablierten sich zunächst im englischsprachigen Raum, und es mag in diesem Zusammenhang signifikant sein, dass das Englische so viel mehr Begriffe aufweist, um die räumliche Proliferation, das Wuchern und die Streuung zu fassen. Vor allem die Begriffe von ›spread‹ und ›sprawl‹ bieten sich an, um die Differenz dieser Semantik von der Bildlichkeit des Linearen, Graduellen, Gerichteten zu betonen. Die Denkfiguren der Ausbreitung eignen sich vielleicht sogar besser zu einer Beschreibung der Entwicklung von seriellen Figuren als die Semantik des Seriellen selbst mit ihrer Implikation eines wie auch immer gearteten Ablaufs: Serielle Figuren springen von Medium zu Medium, passen sich neuen Bedingungen an und machen sich diese zu eigen, sie mutieren, sie breiten sich aus und bleiben doch immer erkennbar die gleichen.

Die expansive Dynamik serieller Fiktion ist mit den Strukturen der politischen und ökonomischen Expansion, wie sie sich im 19. Jahrhundert herausbildeten und im 20. Jahrhundert konsolidierten, komplex verwoben – wir sollten den Zusammenhang nicht als bloße Analogie fassen, sondern besser von Wechsel- oder Abbildungsverhältnissen sprechen, also eine Beziehung des gegenseitigen Einwirkens annehmen. Es geht bei den Projekten der populären seriellen Narration nicht nur um den Versuch, die abstrakten Prozesse der Industrialisierung und des globalen Kapitalismus, die im Imperialismus des 19. Jahrhunderts wurzeln, zu repräsentieren, sondern sehr viel grundlegender um eine Herstellung und Dissemination der (spät)kapitalistischen Ideologien der modernen Industrie- und Mediengesellschaften. Andersons Konzepte des Seriellen und des Modularen taugen für eine Beschreibung dieser Dynamik, auch wenn seine Fallbeispiele der Breite der Entwicklung, die über bildungsbürgerliche und gouvernementale Gestaltungsräume weit hinausgeht, nicht gerecht werden. Geraume Zeit vor Anderson hat aber Jean-Paul Sartre die massenkulturelle Dimension der seriellen Produktion bereits genau in den Blick genommen, auch wenn seine Reflexionen sperriger ausfielen als Andersons spätere Thesen und auch wenn seine Schlussfolgerungen deutlich anders angelegt waren.

Sartre verortet wie Anderson die formative Kraft des Seriellen auf der Ebene sozialer Praxen (oder »praktischer Realitäten« [Sartre 1967: 170]), sein Fokus liegt jedoch nicht auf einer historischen Analyse, sondern auf einer Auseinandersetzung mit seiner zeitgenössischen Massen- und Alltagskultur der 1950er und 60er Jahre. Wie Anderson verweist er auf den ritualisierten Akt der Zeitungslektüre, um serielle Praxen zu fassen, zentraler aber noch bezieht er sich auf das Radio als eine Technologie, die Kollektiverfahrungen suggeriert und produziert: »Die Rundfunkhörer bilden in diesem Moment eine Serie, indem sie dabei sind, die gemeinsame Stimme zu hören, die sie, jeden von ihnen, in ihrer Identität als einen Anderen konstituiert« (ebd.: 276). In seinem Fokus auf die materielle Basis dieser Zusammenschlüsse akzentuiert Sartre einen Aspekt, der bei Anderson eher marginalisiert wird: Den Umstand, dass das serielle Kollektiv nicht nur aus menschlichen Subjekten gebildet wird, sondern auf Subjekt-Objekt-Verkettungen basiert – oft in Form von Mensch-Maschine-Ensembles (Fabrik) oder massenmedialen Zusammenschlüssen von Publika und technischen Apparaten. Die Prozesse der Medienmoderne sind individuell nicht steuerbar und werden von Sartre auch rein negativ in der Terminologie der Entfremdung gefasst. Die seriell angelegte »passive Aktivität« (ebd.: 289) der Medienrezeption ist für ihn nur in der politischen Gruppenbildung zu überwinden. In dieser Wertung unterscheidet sich Sartre nachhaltig von Anderson, für den derartige serielle Praxen zumindest in ihrer Manifestationsform als ›unbound seriality‹ die Module für eine potenziell befreiende und universell verfügbare Idee des Politischen darstellen, die sich ›planetarisch ausbreitet‹ (1998: 29).

Mir kommt es hier zunächst gar nicht darauf an, die Logik der Serie, wie sie von Anderson und Sartre gleichermaßen entworfen wird, zu bewerten. An den Ansätzen von Sartre und Anderson ist interessant, dass beide unter Serialität mehr als nur die Proliferation oder Variation von Geschichten, Figurenkonstellationen oder Plots verstehen. Auch wenn die beiden Theoretiker sehr unterschiedliche Schlüsse aus ihren Beobachtungen ziehen, gehen doch beide in unterschiedlicher Akzentuierung davon aus, dass die menschlichen und technischen Produzenten und Vermittler der seriellen Materialien selbst als Teil der Serie zu begreifen sind. Als aktuellere und neutralere Variante dieses Modells könnte man Bruno Latours Akteur-Netzwerk-Modell (2005) nennen, das gesellschaftliche Produktions- und Wirkungszusammenhänge als dezentrale und changierende Gefüge fasst, die sich nicht in passive – instrumentale – und aktive Bestandteile ausdifferenzieren lassen, wenngleich Latour nicht mit dem Begriffsinventar der Serialität operiert. Die »storytelling engines« (Chabon 2008: 47) der populären seriellen Narration lassen sich mithilfe solch verschränkt angelegter Handlungs- und Wirkungsmodelle jedenfalls besser fassen als mittels klassischer erzähltheoretischer Ansätze. Gleichzeitig lenkt die Denkfigur der populären Erzählmaschine den Blick auf die formalen Aspekte der seriellen Entfaltung – auf die Verfahren der Inszenierung und Adressierung, die ikonischen Konstellationen, die medialen Formate und Techniken der Aktualisierung, die den seriellen Prozessen immer wieder neuen Schwung verleihen. So betrachtet muss man freilich auch den Begriff der ›Gemeinschaft‹ oder des ›Kollektivs‹, den Sartre und Anderson so prominent verwenden, neu reflektieren: eine Gemeinschaft wäre unter diesen Vorzeichen immer ein ›posthumanistisches Gebilde‹, eine Figuration, die nicht nur aus Menschen besteht, sondern eine Vielzahl weiterer – nichtmenschlicher – Faktoren und Elemente – umfasst (vgl. hierzu auch Denson 2011). Diese seriellen Gemeinschaften stellen vernetzte Arrangements dar, die offen, unbestimmt und unkalkulierbar sind und in denen sich die Positionen von Erzähler und Erzählgegenstand, von Projektoren und Projektionsflächen, von Figur und Grund als austauschbar und variabel erweisen. Als ›imaginierte‹ oder ›vorgestellte‹ Gemeinschaft weist diese kollektive Formation immer über sich selbst hinaus, sie konstituiert sich in ritualisierten seriellen Praxen der Gleichzeitigkeit, aber sie aktualisiert sich über die komplexe serielle Bezugnahme auf ein Vorher und ein Nachher, auf ein Seriengedächtnis und ein Serienwissen, das radikal nicht-gegenwärtig ist, wie wir an den Fallbeispielen sehen werden.

3. Halluzination, Déjà-vu, Serialität: Fu Manchu und Fantômas

Die vorausgegangenen abstrakten Ausführungen zur Verschränkung von serieller Form, medialen Apparaten und ideologischen Figurationen ließen sich an einer Vielzahl von Beispielen konkretisieren (vgl. Chabon 2008; Denson 2012). Wenn ich hier den französischen Meisterverbrecher Fantômas und das anglo-amerikanische Fantasma der ›gelben Gefahr‹, Fu Manchu, in den Blick nehme, wähle ich zwei Figuren aus, deren Entstehungsprozess nicht von ungefähr eng mit der Erfolgsgeschichte von Sherlock Holmes verknüpft ist, deren Entfaltung aber eine zunehmend düstere Perspektive auf ihre Rahmenbedingungen der politischen und ökonomischen Moderne – vor allem der globalen Metropolen Paris, London und New York – eröffnet, auch weil der Fokus bei der Inszenierung dieser Figuren von der Seite der Verbrechensaufklärung eindeutig auf die Seite des Verbrechens wechselt. 1911 erschien der erste Fantômas-Roman in Paris, ihm sollten bis 1913 32 Folgebände der Originalautoren und danach zahlreiche weitere literarische Adaptionen folgen, dazu kamen Radioserien, Filme, Comics und andere mediale Annäherungen an die Titelfigur. 1912 erblickte Fu Manchu (damals noch »Fu-Manchu« genannt) in London das Licht der Welt; auch diese Erscheinung sollte folgenreich sein – Fu Manchu-Erzählungen des ursprünglichen Autors Sax Rohmer erschienen bis in die 1950er Jahre, dazu kamen ebenfalls Radiosendungen, Filme, Fernsehserien und Comics. Die beiden Figuren entstanden aller Wahrscheinlichkeit nach unabhängig voneinander, aber sie weisen frappierende Ähnlichkeiten auf. Offenbar inspiriert durch den Meisterverbrecher Moriarty in Conan Doyles Sherlock Holmes-Romanen erweisen sich Fantômas und Fu Manchu als Wesen, die nichts als Verbrecher sind – Phantomgestalten beide, maskenhafte Gestalten, ohne festen (Wohn-)Ort, ohne bestimmbare Identität – und erstaunlicherweise auch ohne Motiv oder Motivation: Beide scheinen Verbrechen um ihrer selbst willen zu begehen, sie verfolgen mit ihren Untaten keinen Zweck (Walz 2006: ix; Mayer 2011). Fu Manchu hat ein Gesicht, aber er zeigt es nicht; Fantômas wird bald zur reinen Maske.

Fantômas und Fu Manchu wurden beide in Serienerzählungen entworfen, bevor sie sich medial weiter serialisierten und von ihren Erfindern emanzipierten. Dabei präsentiert sich zumindest im Falle von Fantômas die Kategorie des Erfinders oder Autors von vornherein als problematisch. Denn die Serienproduktion folgte industriellen Prinzipien: Die Koautoren Pierre Souvestre und Marcel Allain produzierten zwischen 1910 und 1913 in 32 Fantômas-Romanen über 12.000 Druckseiten. Um dieses Pensum zu bewältigen, sprachen sie Kapitelabfolgen und Plotverläufe nur kurz miteinander ab und arbeiteten dann parallel, oft mithilfe von Wachswalzen-Diktafonen. Die Manuskripte wurden dann transkribiert und kurz überarbeitet, bevor sie in den Druck gingen. Als einer der wichtigsten Schritte im Produktionsprozess galt nicht die abschließende Revision, sondern ein früher Termin mit dem Illustrator Gino Starace, der die sensationalistischen bunten Cover für die ganze Serie entwarf. Die literarische Serie war noch nicht abgeschlossen, da erschien auch schon die erste Filmserie zum Titelhelden: fünf Episoden unter der Regie von Louis Feuillade, die ebenfalls schnell Kultstatus erlangten (Walz 1996; Gunning 2006; Brandlmeier 2007). Es überrascht nicht, dass die zeitgenössische Kunstavantgarde der Surrealisten und Dadaisten von diesen automatisierten Produktions- und Disseminationsprozessen begeistert war (Walz 2006, ix).

Auch im Falle von Fu Manchu waren Text- und Bildproduktion eng verknüpft, wenngleich hier zunächst nur ein Autor am Werk war, der sich auch ein wenig mehr Zeit ließ. Sax Rohmer, der eigentlich Arthur Henry Ward hieß, schuf mit Fu Manchu einen Serienhelden, der zu den erfolgreichsten seriellen Figuren des 20. Jahrhunderts zählen sollte – allein die Bücher erzielten Millionenauflagen und wurden in mehr als 12 Sprachen übersetzt, dazu kamen die Adaptionen in anderen Medien und die vielen Fu Manchu-Varianten von der Comic-Figur The Yellow Claw über James Bonds Dr. No bis hin zu Batmans Raz Al Ghul, die aus Lizenzgründen einen anderen Namen trugen (zur Einschlägigkeit der Figur und zu ihrer Wirkungsgeschichte vgl. Wu 1982; Marchetti 1993; Lee 1999; Chen 2005; Seshagiri 2006; Knapp 1997-2009). Die Texte erschienen zeitgleich auf beiden Seiten des Atlantik mit unterschiedlichen Titeln – und wenngleich Sax Rohmer nicht so schnell schrieb wie seine französischen Kollegen, lässt sich doch auch in seinem Falle nicht nur aufgrund der Erscheinungsform der Bände von serieller Produktion sprechen: es ging beim Schreiben zu wie am Fließband (vgl. auch Mayer 2013).

Beide Figuren sind also durch und durch seriell. Und in beiden Fällen speist sich die Serialität der Figurenproduktion aus einem zeitgenössischen Kontext von Imperialismus, Industrialisierung und Internationalisierung, der mit Prozessen der Medialisierung und Technisierung einherging. Was James L. Hevia über Fu Manchu und seinen ›Schöpfer‹ Sax Rohmer schreibt, ließe sich auch zu Fantômas sagen: »Rohmer’s creation might be understood as an objective – and all too necessary – hallucination produced by the [imperial] archive itself, a kind of self-haunting that was generated at the interface between knowledge and the state« (Hevia 2010: 256). Die Figuren werden – wie spätere Ausgeburten der populärkulturellen Imagination des frühen 20. Jahrhunderts (man denke an Dr. Mabuse) – von der Maschinerie dessen angetrieben, was Hevia das »imperialistische Archiv« nennt, was sich aber vielleicht treffender als ein ›Apparat‹ beschreiben ließe; sie wirken wie ein Erzeugnis der ineinander greifenden Prozesse von imperialistischer Erfassung, Kartografierung, Erschließung und medialer Durchleuchtung. Sie lassen ihre ›Erfinder‹ schnell hinter sich und werden viral, bahnen sich ihren Weg durch die Medienwelt des 20. Jahrhunderts, bevor sie in den 1970er Jahren beide zu verblassen beginnen.

Dabei liegt natürlich die imperialistisch-globalisierte Dimension der ›yellow peril‹-Inkarnation Fu Manchu unmittelbarer auf der Hand als die politischen Resonanzen im Falle von Fantômas. Aber es ist bezeichnend, dass Fantômas bereits im ersten Band der Serie mit zwei biografischen Hintergründen ausgestattet wird, die beide über seine maskenhafte Präsenz in Frankreich hinaus in die außereuropäische Welt weisen: Einmal wird er als Etienne Rambert identifiziert, der eine Kautschukplantage in Kolumbien betreibt und in der ganzen Welt zuhause ist, ein anderes Mal lässt er sich nach Transvaal zurückverfolgen, wo er als Soldat im Burenkrieg kämpfte. Auch für diese Figur gilt mithin, was über Fu Manchu geschrieben wurde: Sie markiert – zunächst einmal auf der Ebene des Plots – die Unterwanderung und Durchsetzung der westlichen Metropole durch die Praktiken und das Wissen der Anderen, die Subjekte und Objekte der Peripherie; eine fatale Backlash-Bewegung, die aus dem Imperialismus geboren wird: »making the imperial metropolis a site of dizzying instability and racial chaos« (Seshagiri 2006: 182, vgl. auch Chen 2005; Mayer 2011 und – für Fantômas – Callahan 2005). Wie Fu Manchu wird Fantômas dabei gekennzeichnet durch die rein negativ manifesten Attribute der Disruption, der Anarchie und der Verweigerung.

Die seriellen Narrative präsentieren sich als integraler Bestandteil einer massenmedialen, technisierten und globalisierten Gesellschaft, die ihrerseits als seriell organisiert begriffen werden muss und in den Texten auch so vorgestellt wird. Der erste Band der Fantômas-Serie beginnt mit einer Spekulation darüber, ob die mediale Aufmerksamkeit vielleicht das Phänomen Fantômas allererst erzeugt habe. Aber diese These kann die serielle Logik nicht stoppen, sondern treibt sie weiter an. Sie entzündet die Fantasie eines jungen Mannes, Charles Rambert, der schließlich zu Jérôme Fandor mutieren soll – einem Journalisten, der in sämtlichen Varianten der Erzählung zusammen mit Fantômas’ Alter Ego Inspektor Juve den Meisterverbrecher gleichermaßen jagt und den Mythos am Leben erhält. Das Interesse an Fantômas wird hier zunächst als fanhaft charakterisiert, in der Folge entsteht der Eindruck einer Kettenreaktion oder Metastase. Fantômas verfolgt den jungen Mann in seine Träume, wo er sich mäandrierend einnistet – immer wieder neu und doch immer gleich: »tantôt un être pâle, maigre, aux yeux étranges et brillants; tantôt encore une forme indécise, un fantôme — – Fantômas!…« (Souvestre/Allain 1911: 14).

Diesem flackernden Geschöpf, das hier als Halluzination aufscheint, aber sehr schnell zur materiellen Präsenz in der modernen Metropole wird und sich souverän der modernen Medien und Technologien bedient, um sich fortzuschreiben, stehen die Anstrengungen des modernen Polizeistaats und der Presse entgegen, verlässliche Identifikations- und Klassifikationsraster zu entwickeln, um die Dynamik der Moderne zu steuern und ihre Vielfalt bündelnd zu bewältigen. Von den Bertillonschen biometrischen Methoden, wie sie um die Jahrhundertwende in Paris zur Identifizierung von Verbrechern eingesetzt wurden, bis hin zu den Mitteln der Identifikation durch Daktyloskopie und Ausweispapiere werden sämtliche moderne Verfahren der Erfassung und Archivierung von Identität ins Feld geführt, um Fantômas’ seriellen Maskeraden Einhalt zu gebieten und dem Eindruck zu begegnen, dass Fantômas selbst sich vervielfältigt: »Such a number of awful murders and crimes are being perpetrated every day, that you would think not one but a dozen Fantômas were at work« (Souvestre/Allain 2006: 236), lesen wir in der – im Gegensatz zur französischen Bucherstausgabe ungekürzten – englischen Übersetzung des Textes aus dem Jahr 1915. Die erste französische Buchpublikation von 1911 stellt eine gekürzte Version der Geschichte dar. Im französischen Original von 1911 wird die Eingangsfrage, wie Fantômas wirkt, noch im Verweis auf einen emotionalen Effekt beantwortet: »il fait peur« (Souvestre/Allain 1911: 1), in der englischen Übersetzung von 1915 wird der Akzent in der Beschreibung der Wirkung interessanterweise anders gesetzt. Jetzt markiert der fulminante Beginn des Romans die Dynamik der Ausbreitung selbst, die Logik der Serie. »What does the somebody do?«, lautet nun die Frage, und die Antwort: »Spreads terror!« (Souvestre/Allain 2006: 1)

Was sich in den Romanen wechselweise als thematisches und gestalterisches Prinzip erweist, manifestiert sich noch nachhaltiger, wenn Fantômas das Medium des Buchs hinter sich lässt und die Leinwand entert. Die Logik der Serie wird in den Filmen, die Louis Feuillade ab 1913 in Umlauf brachte, am offensichtlichsten durch Cliffhanger-Enden bedient. Die serielle Figur aber kommt am eindruckvollsten zu ihrer Wirkung, wenn drei von fünf Filmen mit einem Vorspann beginnen, der die Maskeraden des Films vorwegnimmt. Wir sehen jeweils eine Nahaufnahme des Gesichts von René Navarre, des Darstellers von Fantômas, das dann mittels Überblendungen sämtliche Masken des Films vorführt und am Ende des zweiten Prologs mit dem Bild des schwarz maskierten Fantômas endet. Diese Schnittfolge wird dann durch eine zweite ergänzt, die Edmond Bréon, den Darsteller von Inspektor Juve, in seinen Verwandlungen vorstellt. Die Sequenz hat zum einen eine orientierungsstiftende Funktion, sie führt in die Bildpolitik und die komplizierten Plotentwicklungen der Filme ein. Aber sie wirkt auch wie eine Vorführung der technischen Möglichkeiten des Mediums Film in seiner seriellen Dynamik, eine atemberaubende und gleichermaßen spannende und beängstigende Demonstration von Effekten der Vergegenwärtigung und des Verschwindens, der Präsenz und der Absenz, die die Bildlichkeit der Halluzination neu montiert (Gunning 1996: 35). Diegetisch wird dieses Moment der filmischen Selbstreflexion und des seriellen Querverweises am Ende der ersten Episode am deutlichsten, wenn Inspektor Juve verzweifelt an seinem Schreibtisch sitzt, nachdem ihm Fantômas im letzten Moment entkam, und plötzlich die Figur des Schurken in Maske und Umhang vor ihm auftaucht. Die Begegnung erweist sich als Halluzination – und die Figur verschwindet, als Juve nach ihr greifen will. Aber wir haben sie ebenfalls gesehen. Einmal mehr, und vielleicht eindrucksvoller als in der im Druck dokumentierten Nachtvision des jungen Rambert, manifestiert sich Fantômas hier in seiner phantomhaften Gestalt – ohne Substanz, aber dennoch materiell manifest, sichtbar, wenngleich nicht greifbar, da und fort zugleich: ein kinematisches Phänomen und ein serielles Prinzip. In Szenen wie dieser werden die Ermittlungs- und Identifikationsmaschinerien des modernen Staats, die die Narrative andernorts inszenieren und zelebrieren, seriell unterwandert und aufgelöst, und diese Subversion ist immer gleichermaßen angst- und lustbesetzt. Fantômas wird hier zum Emblem der Medienmoderne – eine Gruppenhalluzination, deren Gegenstand letztlich völlig gleichgültig ist, eine Leerstelle. Was zählt, sind die Effekte und Resonanzen in der Fortschreibung der Figur, nicht ihre Substanz, so von einer Substanz überhaupt noch die Rede sein kann.

Eine ähnliche Logik lässt sich an der Fu Manchu-Figur nachzeichnen, wobei in diesem Fall die Motivik der Zeitlosigkeit, oder vielmehr einer Desorientiertheit in der Einordnung zeitlicher Abläufe, in spannungsreichem Bezug zu der räumlichen Entfaltung der Plots steht. Mehr noch als die Fantômas-Narrative scheinen die Fu Manchu-Erzählungen nicht nur Versatzstücke (oder ›Module‹) zu generieren, sondern diese auch als solche zu identifizieren. Das wird vor allem in den 1930er Jahren deutlich, in einer Phase, da der transatlantische Fu Manchu-Hype in Film und Literatur einen ersten Höhepunkt erreicht. Der Roman »The Mask of Fu Manchu«, der 1932 erschien, versucht erst gar nicht mehr, die mediale Kontrolle über die Figur zurückzugewinnen, sondern widmet sich zentral der Beschreibung von Prozessen der Infiltration von Vorstellungen, Erinnerungen, Gewissheiten. Nichts, was man sicher zu wissen glaubt, lässt sich halten, alles kann manipuliert und überschrieben werden. Die wesentliche Denkfigur des Romans ist das Déjà-vu, immer wieder bewirken die Interventionen Fu Manchus bizarre Momente der vagen Wiedererkennung und der aufgeschobenen Einsicht, des plötzlichen Erinnerns und ebenso plötzlichen Vergessens, die starke Zweifel an der Verlässlichkeit des Ich-Erzählers aufkommen lassen (»Memory began to return – or what I thought then to be memory […]«, »I did not know then, but I knew later, the real character of a kind of wave of remorse which swept over me«, »I know now, of course, that [certain words spoken] were my cue for final forgetfulness« [Rohmer 1967: 100-101]). Im zweiten forcierten Durchgang wird der Einfluss dieser Manipulation in den Termini des Déjà-vu beschrieben:

»A definite conviction claimed my mind that I had been in this room before. But – perhaps the most remarkable feature of the experience – it reached my brain in just the same way that such impressions reach us in everyday life. I thought, ›This has all happened before.‹ The only difference was that my prophetic anticipations lasted much longer than is normally the case. […] That everything in this room, every word spoken by the Chinese doctor, seemed familiar, was natural enough; since I had seen those things and heard those words before.« (Ebd.: 196)

Diese Referenzen auf Déjà-vu-Effekte fungieren als metatextuelle Reflexionen der Verfahren der seriellen Narration, die immer voll von gespenstischen Entsprechungen, verzerrten Echos, getrübten Erinnerungen ist. Die Déjà-vu-Episoden werden nie völlig in den narrativen ›flow‹ integriert. Sie lenken unsere Aufmerksamkeit auf den Akt des Erzählens und auf die serielle Entfaltung der Figuren und ihrer Welten. Wie die selbstreferenziellen Momente in den Fantômas-Geschichten markieren diese Episoden ein anarchisches Element, sie sperren sich gegen die Plots der Identifikation und der Verortung, der Aufklärung und der Enthüllung, indem sie die wesentlichen Parameter der Erzählung und des Erzählens (die Logik von Zuvor und Danach, die Vorstellung von Linearität und Kausalität) in Frage stellen.

Ich möchte diese Dynamik noch an einem letzten, filmischen Beispiel durchexerzieren, bevor ich zum Schluss komme: In dem erfolgreichen fünfzehnteiligen Filmserial »Drums of Fu Manchu« von 1940 geht es vor allem um den sinistren Versuch des Meisterverbrechers, robotische Synchronizität zu erzeugen. Sein Plan wird von einer ganzen Armee gehirnoperierter Gehilfen umgesetzt, die als Zeichen ihrer Gleichschaltung eine Narbe auf der Stirn tragen. In der 6. Folge des Serials wendet sich Fu Manchu an einen »eminent plastic artist«, um das Gesicht eines Gegenspielers für eine Weile zu »borgen«. Die entsprechende Szene zeigt detailliert den Prozess der Maskenproduktion, wobei die Verfahren der Vermessung, die der Maskenmacher einsetzt, sicher nicht zufällig an die kraniometrischen Verfahren der Bertillonage erinnern, die die Polizeiarbeit im Frankreich der Jahrhundertwende ebenso bestimmten wie das Protokoll von amerikanischen Polizei- und vor allem Einwanderungsbehörden gerade bei der Registrierung chinesischer Immigranten (1906 provozierte der vehemente Protest der chinesischen Regierung gegen diese Verfahren, die chinesische Staatsbürger unter kriminalistischen Generalverdacht stellten, fast eine internationale Krise) (Sekula 1986; Torpey 2000; Cole 2001; Mayer 2009). Im Filmserial wird diese identifikatorische und grenzsichernde Maßnahme nun für den verbrecherischen Zweck der Verdunkelung und der Infiltration eingesetzt, ähnlich wie zuvor im Fantômas-Serial, wenn der Meisterverbrecher die abgetrennte Hand eines Toten benutzt, um Fingerabdrücke zu produzieren. Die Szene aus »Drums« endet mit einem Effekt, der in den Fantômas-Filmen mit Jean Marais aus den 1960er Jahren ikonisch werden soll – das fremde Gesicht wird auf Fu Manchus Kopf aufgezogen, und Original und Kopie werde dann miteinander konfrontiert, betont durch die hochaktuellen Special Effects der Serie. Bevor er die Maske aufsetzt, sieht man kurz Fu Manchus kahlen Kopf vor der Silhouette dreier seiner Zombie-Gehilfen, die genauso kahl und ungerührt als seine Kopien posieren.

Das Thema des Maskierens auf der Plotebene der Filme hängt eng mit der spektakulären Ausstellung der Effektmaschinerie des Films zusammen und bewegt sich spiralförmig um die Zuschreibung von Maskenhaftigkeit und Ununterscheidbarkeit von Asiaten, die das Filmserial in seiner phobischen Beschwörung einer um sich greifenden robotischen asiatischen Verschwörung suggeriert. Wie Fantômas, dessen Gesicht schließlich durch die schwarze Kapuzenmaske oder die blaue Maske der Farbfilme ersetzt wird, wird Fu Manchu in diesem Film selbst zur kahlköpfigen Maske, zur ikonischen Figuration, die ihrerseits andere Masken aufziehen kann. Die vorgefertigten, stereotypen und standardisierten ›Rollen‹ in einer durch industrielle Massenfertigung und massenmediale Dissemination charakterisierten Gesellschaft werden hier zum Material für serielle Impersonationen durch Figuren, die wie Halluzinationen oder Déjà-vus zeichenhaft auf etwas Unwirkliches oder nicht Fass- und Repräsentierbares verweisen. Sie sind wesentlich und ausschließlich seriell – modular, verfügbar und als mediale Figuration an die Parameter von Ort und Raum nicht länger gebunden.

In ebendiesem Sinne wird eine Figur wie Fu Manchu dann auch zum Inbegriff der Ideologie der ›Gelben Gefahr‹ in den USA und anderswo, nicht weil sie einer politischen Überzeugung oder auch nur einem ideologischen Gemeinplatz Ausdruck gäbe, sondern weil sie solche Gewissheiten gleichermaßen suggeriert und seriell retardiert. Jean-Paul Sartre hat dieses Prinzip mit Bezug auf die Serialität generalisierender sozialer Zuschreibungen beschrieben: »Der Jude (als innere serielle Einheit der jüdischen Vielheiten), der Kolonialherr, der Berufssoldat usw., das sind keine Ideen, ebenso wenig wie der politisch Kämpfende oder […] der Kleinbürger, der Handarbeiter. Der theoretische Fehler (der jedoch kein praktischer Fehler ist, weil ja die Praxis sie wirklich in der Alterität konstituiert hat) lag darin, diese Wesen als Begriffe aufzufassen, während sie – als grundlegende Basis äußerst komplexer Beziehungen – zunächst serielle Einheiten sind« (1967: 285). Ebenso projizieren die Fu Manchu-Erzählungen in ihrer Serialität ein halluzinatorisches Wissen von ›Chineseness‹, das nie ausgeführt werden muss, weil es immer schon geschrieben scheint und immer noch geschrieben werden wird. Und die Fantômas-Inszenierungen suggerieren eine Omnipräsenz und Zeitlosigkeit des Verbrechens, weil die Figur des Verbrechers (und des Verbrechens) hier völlig leer und absolut verfügbar geworden ist, ebenso wie die gouvernementalen und investigativen Autoritäten seiner Verfolgung. Die reproduzierbare, ›modulare‹ Qualität der seriellen Figur sorgt für die anhaltende Dissemination ideologischen Wissens (bis in die 1970er Jahre, wenn die Etablierung einer alternativen soziopolitischen Protestkultur und das Aufkommen neuer Medienformate und -ensembles eine Neuordnung des seriellen Zusammenspiels zwischen Ideologie, Medien und Populärkultur erwirkt). Aber auf der anderen Seite gestattet ebendiese Qualität auch eine frappierende narrative und ideologische Flexibilität – sie verleiht der seriellen Figur die Schwingkraft für Neuschreibungen, Umkehrungen und Aneignungen.

 

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