Weiblichkeit und Körperlichkeit in Rupi Kaurs und Carina Eckls Instapoetry
von Vanessa Grömmke
15.2.2022 

#yourbodyyourchoice

I. Rupi Kaurs Posts als ,Wohlfühltexte‘

Moritz Baßlers kritische Auseinandersetzung mit den Posts der Instagram-Poetin Rupi Kaur löste eine weitreichende Kontroverse aus: Er postulierte, dass Literaturkritik und Literaturwissenschaft nur auf die Texte der Schriftstellerin aufmerksam würden, um ihre „formale und intellektuelle Trivialität“[1] herauszustellen. Zugleich stellte Baßler infrage, ob eine „literaturwissenschaftlich geschulte Lyrikkritik“[2] sich Kaurs Posts überhaupt annehmen sollte. Die ,Vernachlässigung‘ der literarisch-ästhetischen Form, die Baßler Kaurs Texten attestiert, ordnet er zugleich einem ,Neuen Midcult‘[3] zu, lediglich affirmativ lesbaren Texten, die durch ,schwere‘ Sujets – „loss, trauma, abuse, Misogynie, Rassismus, Kapitalismus, Flucht“[4] – angereichert seien.[5]

Kritisch hervorzuheben ist, dass auf die Poems Rupi Kaurs verwiesen wird, um in die Kategorie des ,Neuen Midcults‘ einzuführen, obgleich die anschließende Argumentation Baßlers ausschließlich an Romanbeispielen entfaltet wird (Takis Würgers Stella, Karen Köhlers Miroloi, Olivia Wenzels 1000 Serpentinen Angst etc.). Seinen Erläuterungen fügt Baßler hinzu, die thematische Verhandlung des ,Neuen Midcults‘ interessiere bloß ,partikulare Gruppen‘.[6] Zu hinterfragen ist allerdings, ob die angeführten Themen tatsächlich nur das Interesse ,partikularer Gruppen‘ wecken; aus diesem Grund hakt Marie Schmidt nach:

„Sind die genannten Themen nicht ziemlich existenziell? Warum sollten sich dafür vor allem partikulare Gruppen interessieren? Oder nimmt das der arrivierte Leser erst so wahr, seit neuerdings Autorinnen und Autoren of Color, Erzähler mit migrantischer oder deklassierter Familiengeschichte oder uneindeutiger Genderidentitäten über so etwas schreiben? Werden Traumata, Verluste oder Kapitalismus dadurch zu Nischenthemen?“[7]

Die Bildung der ,partikularen Gruppen‘ wird vonseiten Baßlers auf Formen der Social Media rückgeführt, die ,Gatekeeper-Funktionen‘ sowohl auf der Rezeptions- als auch auf der Produktionsseite entkräften.[8] Dies lasse sich beispielhaft am Fall der populären Instapoetin zeigen, die ihre Texte erst auf Instagram veröffentlichte, dann im Selbstverlag, bevor sich ein professioneller Verlag ihrer annahm.[9] Auf Basis jener Beobachtung schlussfolgert Baßler: „Hätte sie ihre Verse auf traditionellem Wege bei Lyrikverlagen eingereicht, wäre ihre Erfolgsgeschichte womöglich frühzeitig beendet gewesen.“[10] Im Word Wide Web sind unzählige Texte wiederzufinden, da jeder die Möglichkeit erhält, seine literarischen Bemühungen zu publizieren, wobei Autorinnen und Autoren sowie Leserinnen und Leser sich jenen Themen widmen, die ihre Aufmerksamkeit fesseln. Die Folge sei, so Baßler, die Herausbildung des Geschmacks einer ,Stilgemeinschaft‘, welche das Niveau des Eigenen affirmativ betrachte.[11] Die ,Stilgemeinschaft‘ beklagt Baßler als eine in sich geschlossene Form, weil sie literaturkritische Urteile vehement und wenig reflektierend von sich weise.[12]

Dass jedoch zuvor beobachtet wird, im Netz können sämtliche Userinnen und User ihre Stimme erheben, deutet auf eine Widersprüchlichkeit in Baßlers Argumentation hin. Schlussendlich ist es die Kritik an der Entmachtung der ,offiziellen Gatekeeper‘, die eine spärlich werdende Schließung bemängelt. Die Bildung von sogenannten ,Bubbles‘ ergibt sich tatsächlich aus der Möglichkeit, dass Nutzerinnen und Nutzer jederzeit preisgeben können, was sie produzieren, denken und fühlen; allerdings dienen sie in erster Linie nicht dem Ausschluss anderer Userinnen und User, sondern der Etablierung einer Diversität, wie sie vor dem Aufkommen sozialer Medien nicht im literarischen Feld vorhanden gewesen ist. In diesem Zusammenhang plädiert Florian Kessler dafür, den Begriff des ,Midcults‘ in Anlehnung an den amerikanischen Literaturwissenschaftler Mark McGurl durch einen der Gegenwartsliteratur ,aufgeschlossenen‘ Begriff zu ersetzen, den des ,Kulturellen Pluralismus‘.[13] Die Bezeichnung eigne sich, um zu betonen, dass die Literatur der Gegenwart Mannigfaltiges thematisiert: „Kultureller Pluralismus betont, ständig auf Schreibweisen stoßen zu können, die gerade eben nicht die eigenen Erfahrungen ausmachen.“[14] Relevant ist die Wirkung, die bestimmte Textformen erzielen wollen. So stellte bereits Niels Penke heraus, dass ein alleiniger Fokus auf die Frage nach der Literarizität in Bezug auf Instapoetry eher dazu führt, das Phänomen zu negieren, statt es in seiner Funktionalität zu begreifen.[15] Die Produktion der Texte orientiere sich nämlich nicht nur an literaturästhetischen Aspekten, sondern auch an technischen und sozialen.[16] Die schnell zu verstehenden Posts sind bestrebt, Identifikation zu ermöglichen, um einen Austausch von Autorinnen und Autoren sowie Nutzerinnen und Nutzern zu bewirken – schließlich geht es genau darum in sozialen Medien, um Interaktion. Die Kürze rekurriert dabei insofern auf die Rezeptionsbedingungen, als Followerinnen und Follower aufgrund ihres schnell wechselnden Feeds direkt eine Entscheidung darüber treffen, ob sie Gefallen durch die Betätigung des Like-Buttons äußern wollen oder eben nicht;[17] eine Entscheidung, die über den bevorstehenden oder ausbleibenden Erfolg der Instapoetinnen und Instapoeten bestimmt.

II. Rupi Kaurs Etablierung als Instapoetin: die Objektifizierung des weiblichen Körpers

Die Kontroverse geht zurück auf das gegenwärtige Phänomen, dass Autorinnen und Autoren kurzer Texte, deren primäres Publikationsmedium Instagram ist, eine zunehmende Popularität[18] genießen. Diese neuartigen Beiträge lassen sich der ,Instapoetry‘ bzw. ,Instapoesie‘, eine Kontamination der Worte ,Instagram‘ und ,poetry‘ bzw. ,Instagram‘ und ,Poesie‘, subsumieren. Sie sind mittlerweile millionenfach unter den entsprechenden Hashtags – #instapoetry, #writersofinstagram, #poetsofinstagram etc. – versammelt. Aufgrund ihrer „Verschlagwortung“[19] sowie der dadurch erzielten thematischen Ein- bzw. Zuordnung bieten sie kleineren Accounts die Möglichkeit, in die Community der Instapoets aufgenommen zu werden. Als essentielles Element instapoetischer Kommunikation sind die Vorgaben und Funktionen des sozialen Netzwerks selbst zu nennen, die eine strikte Unterteilung von Produzentinnen und Produzenten sowie Rezipientinnen und Rezipienten aufheben, um Userinnen wie Usern Zugang zu differenten medialen Praktiken – Rezeption, Produktion, Teilen, Löschen etc. – zu ermöglichen. Begünstigt wird dies durch die simple Bedienbarkeit der Social Media im Allgemeinen, obgleich über die hervorstechende Bekanntheit mancher Userinnen und User Hierarchien entstehen, die auf die Zahl der Followerinnen und Follower sowie der Likes rückführbar sind: Mit diesen vermittelt Instagram den Nutzerinnen und Nutzern drei Orientierungsangaben für ihre Leistungen, sodass die differenten Posts in einem hohen Konkurrenzverhältnis zueinander stehen.[20]

Instapoetry oder auch Instapoesie stellt ein globales Phänomen dar, wobei die populärsten Instapoets ihre Texte auf Englisch veröffentlichen. Sie lassen sich dem übergeordneten Komplex der ,Social-Media-Literatur‘ zuordnen, der literarischen Produktion in sozialen Medien und Buchpublikationen, die Formen sozialer Medien verhandeln und aufgreifen. Dies betrifft ebenso eine Reihe von Gegenwartsautorinnen und -autoren, wie Stefanie Sargnagel, die ihre knappen Texte regelmäßig auf Facebook postet und bereits einige von ihnen in Binge Living: Callcenter-Monologe (2013), In der Zukunft sind wir alle tot: Neue Callcenter-Monologe (2014), Fitness (2015) sowie Statusmeldungen (2017) übertragen hat,[21]  Senthuran Varatharajah, der in Vor der Zunahme der Zeichen (2016) einen dem Facebook-Dispositiv angelehnten fiktiven Chat konzipiert,[22] und Ianina Ilitcheva, deren Tweets im Bereich der ,Twitteratur‘ angesiedelt sind.[23] Aufgrund ihrer Aktivität in sozialen Netzwerken bringen sie neue Schreibweisen hervor. Zudem stellen ihre Texte heraus, dass Social Media einen virtuellen Raum bieten, an dem kritische Reflexion „zur Zeitwahrnehmung“ sowie anderen aktuellen Diskursen möglich wird, um einen Beitrag zur Inszenierung des „Jetzt“ zu leisten.[24]

Als eine der erfolgreichsten Instapoets gilt die indisch-kanadische Schriftstellerin Rupi Kaur, die sich mit ihren Texten als stilbildend für das Phänomen der Instapoesie erwiesen hat und zurzeit (Stand: 09.01.2022) über 4,4 Millionen Abonnentinnen und Abonnenten verfügt. Die beliebtesten Posts Kaurs erhielten bislang zwischen 350.000 und 375.000 Likes, während sie selbst – so beschreibt es Niels Penke – als ,Popstar‘ in Talkshows, auf dem Cover von Modemagazinen und zu ihren reich besuchten Lesungen erscheint.[25] Ihr Erfolg rekurriert u.a. auf die hohe Nutzung des Mediums Instagram, das monatlich eine Milliarde aktiver Nutzerinnen und Nutzer verzeichnet.[26] Innerhalb ihres Profils hat die Instapoetin eine bestimmte Vorgehensweise bezüglich ihrer Postings etabliert, deren Anordnung dem Muster eines Schachbretts gleicht: In abwechselnder Reihenfolge werden Texte sowie Bilder, die den Körper der Autorin in unterschiedlichen Ansichten präsentieren, publiziert, sodass sich ihr Account durch eine spezifische Ästhetik von anderen unterscheidet.[27] Seit Mai 2013 postet sie Beiträge unter ihrem Profilnamen rupikaur_ auf Instagram, wobei sie ihre schriftstellerische Tätigkeit erst offiziell am 18. November 2013 aufnimmt.

Nach dem Auftakt-Gedicht[28] werden regelmäßig eigene Poems auf weißem Grund publiziert. Durch die Reglementierung des sozialen Mediums, die fordert, dass sämtliche Beiträge in einem Foto-Format gestaltet werden müssen, wird ein vorangehendes Textträger-Medium gewählt, das abfotografiert wird oder ein Bildformat wie JPEG hervorbringen kann.[29] Oftmals entsteht Instapoesie – wie bei Kaur – auf dem weißen Blatt Papier, das als „Speicher- und Zirkulationsmedium“[30] von Schrift, Bild und Zahl charakterisiert werden kann. Dieses nimmt an der digitalen Medienwelt teil, indem es seine Wirkung in Verbindung mit anderen Medien entfaltet: Es ist sowohl analog als auch digital verfügbar.[31] Instapoesie äußert eine Sehnsucht nach ,alten‘ Medien und verweist zugleich auf die Universalität des Papiers, während deutlich wird, dass – darauf hat Marshall McLuhan verwiesen – kein Medium für sich existiert, sondern jedes weitere umfasst.[32] Die großzügige Weißfläche fungiert als Visual Statement und verleiht dem Arrangement der Worte zusätzliches Gewicht. Bezug nehmend auf die Medienphilologie ist die Schrift nicht als fixe Konstante zu verstehen, sie hängt vielmehr von den Konstitutionsformen ab, die ihre Erscheinungsweise bestimmen:[33] In diesem Kontext ist der Einfluss medialer Operationen auf das, was als literarischer Text auf Instagram sichtbar wird, entscheidend.

Im Januar 2014 führt Kaur Verknüpfungen von Text und Zeichnungen ein, die die rein textuellen Beiträge ergänzen. Der Post welcome verzichtet, wie auch andere Poems der Instapoetin, auf die korrekte Einhaltung orthografischer Vorgaben, sodass die konstante Kleinschreibung ein spezifisches Charakteristikum ihrer literarischen Produktion ist. Sie deutet einerseits stilistisch auf die Kommunikation im Internet hin, auch als Chat-Sprache oder Internetjargon bezeichnet, die aufgrund grammatikalischer Mängel Informalität zwischen den Kommunikationspartnerinnen und -partnern suggeriert;[34] auf der stilistischen Ebene strebt Kaur ein intimes Verhältnis zu ihren Followerinnen wie Followern an. Andererseits lässt sich die konsequente Kleinschreibung – dies betont die Instapoetin selbst[35] – der Gurmukhi-Schrift zuordnen, die für die Schriftsprache von Kaurs Muttersprache Punjabi verwendet wird und der Brāhmī-Schrift entstammt, der ältesten bekannten Form, aus der sich sämtliche noch heute existierende indische Schriften ableiten lassen.[36] Die Schriftstellerin beabsichtigt, ihre familiäre Herkunft in ihre Texte zu integrieren;[37] daher verbinden sich altes und neues Medium nicht nur in der Zusammenführung des weißen Blattes Papier und des sozialen Netzwerks Instagram, sondern ebenso in der Verknüpfung traditioneller und digitaler Schreibweisen. Auffallend ist vor allem die Einbettung des Textes in die großflächige Zeichnung eines unverhüllten femininen Körpers, dessen Beine gespreizt sind. Diese verleitet zu einer Verknüpfung mit dem Gemälde Der Ursprung der Welt aus dem Jahr 1866 von Gustave Courbet, das ebenso eine nackte Frau mit weit auseinandergebreiteten Schenkeln präsentiert.

Abbildung 1: Screenshot: Rupi Kaur. rupikaur_. welcome vom 24.01.2014.

Abbildung 2: Screenshot: Gustave Courbet: L’Origine du monde (Der Ursprung der Welt) (1866).

Bis auf die Verdeckung der linken Brust durch ein Seidentuch zeigt sich der Körper bei Courbet gänzlich entblößt und konfrontiert die Rezipientinnen und Rezipienten mit der menschlichen Sexualität. In Feuilletons wie Debatten der Zeit erhebt sich wiederholt der Vorwurf, das Gemälde sei mit Pornographie gleichzusetzen, da die Grenzen der Kunst übertreten worden zu sein scheinen.[38] Insbesondere die Darstellung der behaarten Vulva evoziert jene Wirkung und ist zugleich als entscheidender Unterschied zu Rupi Kaurs Zeichnung zu nennen, die das primäre weibliche Geschlechtsmerkmal mithilfe der Platzierung des mit ihrem ausgeschriebenem Namen versehenen Textes bedeckt.

Instagram verbietet pornographische Inhalte grundsätzlich.[39] Die Verdeckung des weiblichen Genitals lässt sich somit als bedeutendes Kriterium anführen, die Löschung durch die Betreiberinnen und Betreiber zu verhindern. Als essentielle Gemeinsamkeit beider Darstellungen erweist sich wiederum das Fehlen des individuellen femininen Gesichts, wodurch die Frau als Objekt männlicher Begierde inszeniert wird. Das unbestimmte you des Textes, das zur maskulinen Triebbefriedigung verdinglicht wird, akzentuiert jenen Eindruck, wobei das flektierte Verb „taught“ auf eine patriarchal codierte Erziehung der Frau aufmerksam macht. Die indisch-kanadische Instapoetin verhandelt die Instrumentalisierung des weiblichen Individuums, das verpflichtet wird, dem sexuellen Willen des Mannes zu dienen: „you / have been / taught your legs / are a pitstop for men / that need a place to rest.“[40] Sie thematisiert die Reduktion von Weiblichkeit auf ihre bloße Körperlichkeit, während der Körper, „body“, in metaphorischer Hinsicht als Ort der Erholung für fremde maskuline Nutzer skizziert wird, die diesen vollständig besetzen: „a vacancy, body empty enough / for guests […]“.

Der Titel welcome führt in Verbindung mit der sexuell aufgeladenen Zeichnung der gespreizten Beine die Demut der Frau in patriarchalischen Kontexten vor, die sich der asymmetrischen Machtbeziehung bewusst ist. Zugleich zielt die Präsentation des blanken femininen Körpers vonseiten einer Schriftstellerin auf eine Umkehrung eben dieser Verhältnisse, anders als das Gemälde Der Ursprung der Welt, das sich auf die männliche Imagination von Feminität zurückführen lässt: Sie ist bei Kaur als Provokation zu deuten, als Akt der Rebellion gegen misogyne Gesellschaftsstrukturen. In diesem Sinne kann das mediale Ausstellen des weiblichen Leibs als Akt des Widerstands gegen eine lustfeindliche und passive Rolle gedeutet werden, die dem weiblichen Geschlecht heute teilweise noch immer zugeordnet wird.[41] Ziel sind die Erschütterung einer männlich geprägten Welt und die weibliche Selbstermächtigung, die sich dann vollzieht, wenn Frauen eigens eine Inszenierung des weiblichen Körpers vornehmen, um spezifische Bilder zu erschaffen, über die sie die Deutungshoheit bewahren.[42] Dies ist insofern als relevant zu kennzeichnen, als Männer im Laufe der Jahrhunderte Frauenideale sowie -darstellungen schufen und damit von Beginn an die Deutungshoheit über das Feminine für sich beanspruchten.[43] Indem das weibliche Individuum kulturelle Gebote und Verbote, die Feminität konstruieren, unterläuft, nutzt es seine Möglichkeit, gegen das patriarchale Gesellschaftssystem aufzubegehren.

Die in welcome vorkommende Alltags- bzw. Umgangssprache, die sich u.a. in der abgekürzten Form von because „‘cause“ manifestiert, wird von Kaur gezielt eingesetzt, um den Eindruck von Vertrautheit bei den Rezipientinnen und Rezipienten zu intensivieren und differente Personengruppen anzusprechen. Sie verleitet die Followerinnen wie Follower dazu, sich mit dem allgemeinen you zu identifizieren, die Leerdeixis mit Erfahrungen, Erwartungen und Wahrnehmungen zu füllen.[44] Das Ziel von Kaurs Content ist die Konstitution einer Community, einer sozialen Konnektivität, die über die Gemeinsamkeit von Erlebnissen und Gefühlen entsteht. Auch nutzt die Instapoetin das you als Option der Selbstreferenzialität, um öffentlich diverse Aspekte ihrer Gefühls- und Lebenswelt zu äußern.[45] Preisgegeben wird das Bekenntnis persönlicher Erlebnisse und Ängste, die mit den Followerinnen und Followern als Spiel von Produktion und Rezeption aufgearbeitet werden; daher sind die Kommentare und Likes der Community, die bislang in der literaturwissenschaftlichen Forschung eher unberücksichtigt blieben, als paratextuelle Elemente[46] in der Kritik und Analyse der Instapoesie zu berücksichtigen.

Abbildung 3: Screenshot: Kommentare: Rupi Kaur. rupikaur_. welcome vom 24.01.2014.

Der Beitrag welcome verfügt insgesamt über 5.506 Likes sowie 210 Kommentare (Stand: 05.01.2022), die illustrieren, dass die Instapoetin sich zum Zeitpunkt des Postings noch am Beginn ihrer Karriere befindet; mittlerweile erlangt sie mit ihren Beiträgen weit über hunderttausend Likes.[47] An den Inhalten der Kommentare, die sich insbesondere in der medialen Praktik des Verlinkens manifestieren, zeigt sich, dass ihr Profil in der Phase eines aktiven Wachstums zu verorten ist: Indem diverse Userinnen und User ihre eigenen Followerinnen wie Follower dazu motivieren, dem Post Aufmerksamkeit zu widmen, erreicht das Phänomen rupikaur_ eine rasch größer werdende Sichtbarkeit. Auffällig ist der textuelle Kommentar des Nutzenden 2am.souls, der deutlich macht, dass das Poem eine emotionale Wirkung auf ihn ausübt. Diese äußert sich in dem Ringen nach Worten, das aus der unvollendeten Satzkonstruktion hervorgeht: „But this poem made me really ugh … okay, words come back to me, okay.“ (Abb. 3). Jene Reaktion rekurriert vor allem auf das individuelle Erlebnis, das der User mit der Thematik des Textes welcome assoziiert: „So this poem made me remember why things some people have done to me in my short life isn’t okay […]“. (Abb. 3). Die von Kaurs Post scheinbar verursachte ,Sprachlosigkeit‘, die in ,Satzbruchstücken‘ präsentiert wird, verdeutlicht, dass es sich bei den reactions keinesfalls um literaturkritische Urteile handelt. Sie verweist jedoch auf den Umstand, dass soziale Medien jedem die Möglichkeit eröffnen, eigene Einschätzungen, auch dilettantische, zu einem Post kundzutun: Sie sind ein Ort der ,Partizipativen Kultur‘ und ermöglichen Userinnen und Usern eine aktive Beteiligung an popkulturellen Inhalten.[48] Der Kommentar von 2am.souls betont, dass die Followerinnen und Follower eigene Erfahrungen in Kaurs Instapoems gespiegelt sehen und daher eine affektive Bindung zu ihrem Account aufbauen. Das Affektgeladene rekurriert auf das für Social Media typische instantane Schreiben, das sich in den reactions manifestiert und mit ,Unmittelbarkeit‘ wie ,Gegenwärtigkeit‘ verknüpft ist.[49] Evoziert wird die Artikulation von spontanen Assoziationen: Diese äußeren sich ebenso in den bestärkenden Beurteilungen, denen die Anmerkung der Userin kate_keogh_ zuzuordnen ist. Sie charakterisiert den knappen Text als ,Kunstwerk‘: „ART“. (Abb. 3). In seiner formalen Schlichtheit erlangt Kaurs Post definitiv keinen kunstvollen Status, aufgrund seiner leichten Verständlichkeit gelingt es ihm jedoch, eine große Reichweite zu erzielen und Individuen virtuell zusammenzuführen.

III. Kaurs Verknüpfung von sexuellem Missbrauch und körperlicher Demütigung

Dass sexistische Demütigung in sozialen Netzwerken als aktuelles Problemfeld ausgelegt wird, markiert der Vierzeiler i’ll be quiet when, der ebenso wie einige andere Posts Rupi Kaurs keinen expliziten Titel aufweist. Das textuelle i verweist kritisch auf die öffentliche Thematisierung sexueller Belästigungen, „sexual assault“, vonseiten betroffener Frauen, die mit dem Vorwurf der Lüge konfrontiert werden. Die Bezeichnungen „sexual assault[50] und „liar“ werden kursiviert hervorgehoben und dadurch formal miteinander verbunden, wobei gerade in dieser Verknüpfung die Kritik des Ichs angesiedelt ist. Mit dem nicht-präzisierten Pronomen „they“ werden heute noch immer patriarchale Gesellschaftsformen adressiert, die Frauen einen minderen Stellenwert zusprechen und die Glaubwürdigkeit ihrer Aussagen anzweifeln. Besteht offiziell Konsens über den ereigneten sexuellen Missbrauch, sind es die Betroffenen, die an erster Stelle zur Rechenschaft gezogen werden.[51] Ihre ,Schuld‘ resultiere zumeist aus freizügiger Kleidung oder einem ,provozierenden‘ Verhalten.[52] 

Abbildung 4: Screenshot: Rupi Kaur: rupikaur_. i’ll be quiet when vom 16.12.2020.

Ute Frevert konstatiert, dass soziale Beschämungsmotive und -praktiken, die insbesondere das weibliche Geschlecht betreffen, auch in modernen Gesellschaften lange beibehalten worden sind: Bis in die 1970er Jahre hinein tun sich in den Vereinigten Staaten Opfer von Vergewaltigungen schwer, an die Öffentlichkeit zu gehen.[53] Der Grund ist die Scham darüber, zu einem sexuellen Objekt degradiert worden zu sein. Wer sich in seltenen Fällen an die Polizei wendet, wird beschuldigt, eine ,Mitverantwortung‘ an der Tat zu tragen.[54] Ihren öffentlichen – und somit offensichtlich demütigenden – Charakter erhält die sexuelle Misshandlung im Rahmen von Gruppenveranstaltungen. Die gemeinsame Tat wird immer häufiger gefilmt, wobei derartige Videos heutzutage in sozialen Medien zirkulieren können und die Demütigung der Frau als primitives Spektakel gestalten.[55] Mit Blick auf Rupi Kaurs Caption als paratextuelles Element lässt sich herausstellen, dass die Reihung desselben Emojis, das ein Paar applaudierender Hände darstellt, eine Bekräftigung des Textinhalts vornimmt; die Instapoetin positioniert sich demnach als selbstbewusste Autorin. Zudem findet ein direkter Verweis auf ihren publizierten Gedichtband home body (2020) statt, indem die Autorin die Seitenzahl benennt, auf der der kurze Text vorzufinden ist: Erneut findet eine Verknüpfung von analogem und digitalem Medium statt. Die steil ansteigende Follower und Followerinnen-Zahl der Instapoetin veranlasste sie bislang dazu, drei Bände zu publizieren: milk and honey (2014), the sun and her flowers (2017) sowie schließlich home body (2020). Für die Buchpublikationen schreibt Kaur zum einen neue Texte, die durch einen längeren Umfang gekennzeichnet sind und der ,Hektik‘ digitaler Medien Entschleunigung entgegensetzen; zum anderen greift sie auf Posts ihres Instagram-Accounts zurück, der als ,Reservoir‘ für ihre Buchpublikationen fungiert. 

Der Text i’ll be quiet when weist 118.410 Likes und 427 Kommentare auf (Stand: 14.12.2021), erlangt also deutlich mehr Beachtung als der kurze Post welcome.

Abbildung 5: Screenshot: Kommentare: Rupi Kaur: rupikaur_. i’ll be quiet when vom 16.12.2020.

Im Kommentarbereich identifiziert sich eine Vielzahl der Followerinnen wie Follower mit der Thematik des sexuellen Missbrauchs und des daran anknüpfenden Leids, so auch die Nutzerin sleepybeesweety, die sich Gerechtigkeit in Bezug auf das Vergehen ihres Angreifers wünscht: „I wish i could get justice from him. ill never get what he took back :(“. (Abb. 5). Sie beschreibt, in gewisser Hinsicht ,beraubt‘ worden zu sein – „what he took“ (Abb. 5) –, wobei ihre Frustration auf das Bild eines Justizsystems zurückzuführen ist, das körperliche Misshandlungen nicht genügend sanktioniert. Die dominierende Reaktion äußert sich in einem wortlosen Zuspruch, konkret in der Aufeinanderfolge des Emojis applaudierender Hände, das auf Kaurs Caption verweist, oder farbiger Herzchen. Ergänzt werden diese durch knappe enthusiastische Ausrufe – „YESSSSS!!!!!“, „Brilliant.“ (Abb. 5) –, während Verlinkungen, wie schon im Fall des Poems welcome, die Verbreitung des kurzen Textes forcieren. Die beispielhaft angeführte Verlinkung des Users pritpalgill1995 ist mit einer Widmung versehen – „this ones for you“ (Abb. 5) – und deutet somit darauf hin, dass der verlinkte Follower oder die verlinkte Followerin über persönliche Erfahrungen verfügt, die sich mit den Inhalten des Posts verknüpfen lassen. Mit der enormen Reichweichte, die die Instapoetin zunehmend erlangt, geht jedoch eine inhaltliche Änderung in den Kommentaren einher: Einzelne Äußerungen widersetzen sich der affirmativen Rezeption zahlreicher Followerinnen sowie Follower und beziehen sich kritisch auf die Inhalte des geposteten Textes, nicht auf seine Form. Exemplarisch zeigt sich dies an der Aussage des Nutzers pl8o_hnr, der strafrechtliche Konsequenzen für Unwahrheiten bezüglich sexueller Misshandlungen fordert und dabei explizit das weibliche Geschlecht adressiert. (Vgl. Abb. 5). 

IV. Instapoetry in Deutschland – Selbst- und Körperliebe in Carina Eckls Posts 

Zwar veröffentlichen die populären Instapoets ihre kurzen Texte auf Englisch, aber auch an andere Sprachen wird mittlerweile angeknüpft, ebenso die deutsche. Die Schriftstellerin Carina Eckl gehört mit 3.176 Abonnentinnen und Abonnenten (Stand: 27.01.2022) und einem bereits publizierten Gedichtband[56] zu den erfolgreichsten deutschen Instapoetinnen wie Instapoeten. Anders als Rupi Kaurs Account, der durch eine gewisse Farbigkeit gekennzeichnet ist, zeigt sich kursives_ich lediglich in Schwarz-Weiß.[57] Die textuellen Posts dominieren innerhalb des Profils und werden durch wenige Bilder ergänzt, während eigene Körperaufnahmen lediglich in einer Hinteransicht erfolgen. Die deutsche Instapoetin subordiniert demnach ihre Person den eigenen kurzen Poems. Der Beitrag wenn du meinen Körper ist – wie bei Rupi Kaur – auf einem weißen Blatt Papier entstanden:[58] 

Abbildung 6: Screenshot: Carina Eckl: kursives_ich. wenn du meinen Körper vom 15.04.2021.

Die Sehnsucht nach analogen Medien und der daran anknüpfende nostalgische Wert werden durch das Schriftbild der Schreibmaschine verstärkt. Der digitale Text wird dadurch mit der Imagination des haptischen Buchs verbunden. Bei der stilistischen Betrachtung des Posts sticht die fehlende Interpunktion hervor, wohingegen die Substantive „Körper“ und „Fehler“ orthografisch korrekt großgeschrieben sind. Unterzeichnet ist das Gedicht mit dem Namen des Accounts kursives_ich, wobei diesem ein in Klammern gesetztes C „(c)“ vorangestellt ist – ein Verweis auf den Vornamen der Autorin Carina Eckl. Im Zentrum des Textes befindet sich die Physis der Äußerungsinstanz, die in ihrer Gänze von einem allgemeinen Du als Makel betrachtet wird: „wenn du meinen Körper / nur als Fehler siehst“. Der thematisierte ,Fehler‘ ist im Rahmen des Textes zentriert gesetzt, um die entsprechende Lücke sowohl im zweiten als auch im vierten Vers zu füllen; daher stellt dieser nicht nur inhaltlich, sondern auch formal den Mittelpunkt des Beitrags dar. 

Adressiert werden innerhalb des textuellen Du externe Wertungen über individuelle Körperformen, die dem medial vermittelten Körperideal nicht entsprechen; jene Beurteilungen werden vonseiten des Ichs als fehlerhaft gekennzeichnet. Aufgrund der stetig wie massiv wandelnden Mediennutzung ergeben sich Veränderungen in der Bewertung des ,Schönen‘ und ,Guten‘ hinsichtlich der Kategorie des Körpers. Die Folge sind neue Normierungen und Ästhetisierungen in den Gebieten Körperwahrnehmung, -darstellung und -inszenierung,[59] die in Eckls Beitrag aufgegriffen werden. Die Nutzung der ersten Person Singular sowie des Hashtags #selbstliebe verweisen auf die Einheit von Autorin und textuellem Ich, also auf die Selbstreferenzialität der Instapoetin, und geben die klare Rezeptionsanweisung, den Text als Ausdruck intimer Gedanken zu lesen. Ein weiterer Hinweis darauf, dass Eckl ihre eigenen Ansichten im Rahmen der geposteten Verse wiedergibt, äußert sich in den Hashtags #feminsim bzw. #feminismus, die auf die Wahrnehmung des weiblichen Körperbildes hindeuten. Ebenso wie Kaur setzt Eckl auf Kürze und simple Verse, um möglichst viele Instagram-Nutzende als Followerinnen und Follower zu gewinnen. Dies unterstreicht die Auswahl differenter Schlagworte, die einerseits hervorhebt, dass Eckl ihren Text eigens inhaltlich und strukturell einordnen will; andererseits handelt es sich um eine Strategie, eine Vielzahl von Bubbles zu erreichen. Dass der Post die Thematik des individuellen Körperbildes fokussiert, verdeutlicht die Caption „your body, your choice“, deren Inhalt zugleich als Hashtag #yourbodyyourchoice gewählt wird. In der Abgrenzung des individuellen Körperbildes von gesellschaftlichen Urteilen und der Kreation einer eigenen Körperwahrnehmung unternimmt Eckl – ebenso wie Kaur – den Akt weiblicher Selbstermächtigung, die sich begrifflich im eigenständigen Beschluss, „choice“, manifestiert. 

Auch der Post mein Körper gehört nur mir widmet sich der Thematisierung des individuellen – insbesondere weiblichen – Körperbildes, wobei der Hashtag #typewriterpoetry dieses Mal direkt auf die äußere Einbindung der Schreibmaschine verweist.[60] Artikuliert wird das Besitzverhältnis zwischen Subjekt und Körper vonseiten eines Ichs. Jene Verdinglichung des Leibs zeigt sich in der zunächst basalen Feststellung, dass das entsprechende Subjekt allein über seinen Körper verfügt: „mein Körper gehört nur mir“. Die Anapher „nicht“, die andere Entitäten aus dem Besitzverhältnis ausschließt, betont eine klare Relation zwischen Subjekt und Körper: „nicht anderen Meinungen / nicht dir“. Deutlich wird erneut der Versuch, den individuellen Leib von gesellschaftlichen Geschlechtermodellen und Körperbildern zu lösen, die von den Worten „Meinungen“ und „dir“ repräsentiert werden.

Abbildung 7: Screenshot: Carina Eckl: kursives ich_. mein Körper gehört nur mir vom 21.09.2021.

Der Hashtag #bodypositivity lenkt die Rezeption auf den aktuellen Diskurs über Körperlichkeit in sozialen Medien, wobei körperliche Diskurse durch Social Media enorm an Bedeutung gewonnen haben. Diskriminierungen aufgrund von Abweichungen bezüglich eines gesellschaftlichen Körperideals sind allerdings seit jeher präsent. Neben Diskriminierungs- und Diversitätskategorien wie Religion, Ethnizität und Geschlecht lässt sich Körperlichkeit als weitere eigenständige Kategorie anführen.[61] Das Phänomen ,Bodyshaming‘ bezeichnet differente Diskriminierungsformen rund um die Körperlichkeit, die u.a. Menschen mit Abweichungen des Körpergewichts oder mit Behinderung bzw. chronischen Erkrankungen betreffen.[62] Bodypositivity reagiert wiederum auf das Phänomen Bodyshaming und versteht sich als Anti-Bodyshaming-Bewegung, deren Ursprung in den 1960er Jahren angesiedelt ist. Zu Beginn ging es vor allem darum, gegen Diskriminierungen vorzugehen, die sich auf ein Übergewicht oder eine Adipositas beziehen.[63] Inzwischen versucht Bodypositivity, alle Arten von Diskriminierungen aufgrund körperlicher Merkmale oder sexueller Orientierung zu bekämpfen, wobei die Bewegung davon ausgeht, dass körperliche Makel oder Abweichungen von der jeweils kulturell bedingten Norm wohlwollend aufgefasst werden sollen. Daran anknüpfend lässt sich beobachten, dass Bodypositivity oftmals mit dem Begriff der ,Selbstliebe‘ verknüpft wird, die weit über Akzeptanz oder Toleranz des Eigenen hinausgeht. Im Zentrum steht die Wertschätzung von äußerlichen Differenzen, um sich gegen Schönheitsideale zu positionieren, die insbesondere von Social Media vorgegeben werden.[64]

Andere Hashtags der Instapoetin, wie #words, #writersofinstagram, #writercommunity, #poetsofinstagram, zeigen, dass Eckl auf einen Wachstum ihres Accounts im Rahmen der entsprechenden Community zielt. Präziser sind die deutschen Schlagworte #lyrik, #literatur und #gedichte bezüglich der Einordnung des Textes, da sie betonen, dass sich das Phänomen der Instapoetry als Genre digitaler Lyrik allmählich in Deutschland festigt. Deutlich geht dabei das Selbstverständnis der Instapoetin als Lyrikerin hervor, das aus literaturwissenschaftlicher Perspektive jedoch kritisch beäugt wird.[65] Claudia Benthien kennzeichnet die Verschränkung von ,hoher Kunst‘ und ,Popkultur‘, die für die zeitgenössische Lyrik von enormer Bedeutung ist, als einen unberücksichtigten Aspekt in der Literaturwissenschaft.[66] Diese schrecke vor jener Aufgabe zurück, um in ihren etablierten Forschungsfeldern zu verweilen, wodurch populäre Lyrik unbeachtet bleibt.[67] Der Ausgangspunkt dafür ist, dass die Formalisierung des lyrischen Ichs sowie die Differenzierung von realem Autor und textueller Äußerungsinstanz die lyriktheoretische Diskussion nachhaltig prägen.[68] Das verfremdende Moment wird als charakteristisches lyrisches Merkmal betrachtet, wohingegen sich zahlreiche Beiträge der Instapoesie als schnell rezipierbar beschreiben lassen. In ihrer Kürze und einfachen Form gleichen die Instapoems ,Kalendersprüchen‘.

Das ästhetische Charakteristikum, das sich in lyrischen Texten oftmals durch Komplexität auszeichnet, wird von den Posts als visuelles Moment aufgegriffen. Sie orientieren sich somit an den Affordanzen des sozialen Netzwerks, das auf bildliche Kommunikation ausgerichtet ist. Instapoetry setzt auf zeichnerische Gestaltung oder äußere Merkmale analoger Medien – wie das Schriftbild der Schreibmaschine – mit dem Ziel, emotionale Regungen bei den Rezipientinnen und Rezipienten hervorzurufen und ihnen moralische Orientierung zu bieten. Die oftmals anzutreffenden Text-Bild-Kombinationen rekurrieren auf das Meme, also digitale Bilder, die mit einem Textstück verknüpft sind, aus vernetzten Medien hervorgehen und sich viral verbreiten. Sie sind – genauso wie Instapoetry – auf soziale Reaktion und Resonanz aus, wobei sich über den ästhetisch-kreativen Akt, den sie darstellen, Individuation vollzieht: Diese umfasst, darauf hat bereits Olga Goriunova verwiesen, Kommunikation zwischen Individuum und einem Kollektiv, einer Community, um die Individualität eines Subjekts hervorzubringen.[69] Vor diesem Hintergrund ist es notwendig, die erweiterten Möglichkeiten der Produktion und Rezeption von Gegenwartsliteratur zu begreifen, um Instapoetry als lyrische Form aufzufassen. 

Hinsichtlich der reactions fällt die Diskrepanz zwischen Carina Eckls und Rupi Kaurs Reichweite auf, da mein Körper gehört nur mir insgesamt 308 Likes sowie 30 Comments (Stand: 05.01.2022) aufweist.

Abbildung 8: Screenshot: Kommentare: Carina Eckl: kursives_ich. mein Körper gehört nur mir vom 21.09.2021.

Als ähnlich erweist sich der inhaltliche Gehalt, der sich vor allem im Zuspruch über lobende Worte – „So so starke Zeilen“ (Abb. 8) oder „True that“ (Abb. 8) – sowie positiv konnotierte Emojis, Herzchen und Applaus, äußert. Die Namen einiger Profile, wie zwischen_den_zeilen82 und jos_picsandpoems, verdeutlichen, dass sie der Community der Instapoetinnen und Instapoeten bzw. den Literatur zugeneigten Userinnen wie Usern zuzurechnen sind. Somit lässt sich eine gegenseitige Bestärkung unter Gleichgesinnten, aber auch Konkurrierenden feststellen. Diese akzentuiert, dass Instapoetry gemeinsame Erfahrungen verbindet, sodass Mitglieder innerhalb ihrer Community interagieren – den Affordanzen sozialer Medien entsprechend.

V. Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Screenshot: Rupi Kaur. rupikaur_ (2012). welcome vom 24.01.2014. In: Instagram. https://www.instagram.com/p/jibwe8nA9E/ (zuletzt eingesehen 05.01.2022).

Abbildung 2: Screenshot: Gustave Courbet: L’Origine du monde (Der Ursprung der Welt) (1866). In: Günter Metken: Gustave Courbet. Der Ursprung der Welt. Ein Lust-Stück. München 1997, S. 9.

Abbildung 3: Screenshot: Kommentare: Rupi Kaur. rupikaur_ (2012). welcome vom 24.01.2014. In: Instagram. https://www.instagram.com/p/jibwe8nA9E/ (zuletzt eingesehen 05.01.2022).

Abbildung 4: Screenshot: Rupi Kaur: rupikaur_ (2012). i’ll be quiet when vom 16.12.2020. In: Instagram. https://www.instagram.com/p/CI3YHxFBVAh/ (zuletzt eingesehen 14.12.2021).

Abbildung 5: Screenshot: Kommentare: Rupi Kaur: rupikaur_ (2012). i’ll be quiet when vom 16.12.2020. In: Instagram. https://www.instagram.com/p/CI3YHxFBVAh/ (zuletzt eingesehen 14.12.2021).

Abbildung 6: Screenshot: Carina Eckl: kursives_ich (2018). wenn du meinen Körper vom 15.04.2021. In: Instagram. https://www.instagram.com/p/CNsa-QuhZJl/ (zuletzt eingesehen 10.12.2022).

Abbildung 7: Screenshot: Carina Eckl: kursives_ich (2018). mein Körper gehört nur mir vom 21.09.2021. In: Instagram. https://www.instagram.com/p/CUF1-fCAdWN/ (zuletzt eingesehen 05.01.2022).

Abbildung 8: Screenshot: Kommentare: Carina Eckl: kursives_ich (2018). mein Körper gehört nur mir vom 21.09.2021. In: Instagram. https://www.instagram.com/p/CUF1-fCAdWN/ (zuletzt eingesehen 05.01.2022).

VI. Literaturverzeichnis

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Eckl, Carina: kursives_ich (2018). wenn du meinen Körper vom 15.04.2021. In: Instagram. https://www.instagram.com/p/CNsa-QuhZJl/ (zuletzt eingesehen 10.12.2021). 

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Leggewie, Claus: Zensur auf Instagram. Wer bestimmt, was Nacktheit ist. In: TAZ vom 05.08.2017, unter: https://taz.de/Zensur-auf-Instagram/!5432582/ (zuletzt eingesehen 07.11.2021).

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Penke, Niels: Populäre Schreibweisen. Instapoetry und Fan Fiction. In: Digitale Literatur II. Hrsg. v. Hannes Bajohr und Annette Gilbert. München 2021 (Text + Kritik. Sonderband), S. 91-105.

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Tebben, Karin (Hg.): Frauen – Körper – Kunst. Literarische Inszenierungen weiblicher Sexualität. Göttingen 2000. 

Zymner, Rüdiger: Theorien der Lyrik seit dem 18. Jahrhundert. In: Handbuch Lyrik. Theorie, Analyse, Geschichte. 2. Auflage. Hrsg. v. Dieter Lamping. Stuttgart 2016, S. 23-36.

VII. Anmerkungen

[1] Moritz Baßler: Der Neue Midcult. Vom Wandel populärer Leserschaften als Herausforderung der Kritik. In: Pop. Kultur und Kritik 10 (2021), H. 18, S. 132-149, hier S. 133.
[2] Ebd.
[3] Baßler bezieht sich hierbei auf den Begriff ,Midcult‘, den Umberto Eco nutzt, um simpel goutierbare Romane zu bezeichnen, die komplexe Bedeutungszeichen aufweisen. Sie werden von einem Lesepublikum rezipiert, das unterhalten werden, aber zugleich an Hochkulturen partizipieren möchte. Siehe Umberto Eco: Apokalyptiker und Integrierte. Zur kritischen Kritik der Massenkultur. Frankfurt am Main 1994.
[4] Vgl. ebd., S. 146.
[5] Vgl. ebd.
[6] Vgl. ebd., S. 145.
[7] Marie Schmidt: Identitätspolitik und Literatur. Aber was ist mit dem Nazi? In: Süddeutsche Zeitung vom 05.07.2021, unter: https://www.sueddeutsche.de/kultur/moritz-bassler-midcult-identitaetspolitik-1.5343159 (zuletzt eingesehen 12.11.2021).
[8] Vgl. Baßler: Der Neue Midcult, S. 136.
[9] Vgl. ebd., S. 134.
[10] Ebd.
[11] Vgl. ebd., S. 135.
[12] Vgl. ebd., S. 136.
[13] Vgl. Florian Kessler: Literaturkritik. Sprengt Denkmäler, schreibt welche! In: TAZ vom 14.07.2021, unter: https://taz.de/Literaturkritik/!5781195/ (zuletzt eingesehen 27.11.2021).
[14] Ebd.
[15] Vgl. Niels Penke: Populäre Schreibweisen. Instapoetry und Fan Fiction. In: Digitale Literatur II. Hrsg. v. Hannes Bajohr und Annette Gilbert. München 2021 (Text + Kritik. Sonderband), S. 91-105, S. 93.
[16] Vgl. ebd., S. 97.
[17] Vgl. ebd.
[18] Zum Begriff der ,Popularität‘ siehe Thomas Hecken, Marcus S. Kleiner (Hg.): Handbuch Popkultur. Stuttgart 2017.
[19] Andreas Bernard: Das Diktat des Hashtags. Über ein Prinzip der aktuellen Debattenbildung. Frankfurt am Main 2018, S. 9.
[20] Vgl. Sarah Frier: No Filter. The Inside Story of Instagram. New York 2020, S. 14.
[21] Siehe Christian Metz: Dilettantische Ökonomen: Holtrop, Horzon, Sargnagel. In: Neue Rundschau 128 (2017), S. 112-128, hier S. 122-126; Rupert Gaderer: Statusmeldungen. Stefanie Sargnagels Gegenwart sozialer Medien. In: Sprachmedialität. Verflechtungen von Sprach- und Medienbegriffen. Hrsg. v. Hajnalka Halász und Csongor Lörincz. Bielefeld 2019 (Edition Kulturwissenschaft 201), S. 385-403, hier S. 388-392; Harun Maye, Erika Thomalla: Buchgesichtern Namen geben. Stefanie Sargnagels Maskenspiele. In: Biography – a Play? Poetologische Experimente mit einer Gattung ohne Poetik. Hrsg. v. Günter Blamberger, Rüdiger Görner und Adrian Robanus. Paderborn 2020, S. 317-336, hier S. 329-333 und den aktuellen Beitrag von Ann-Marie Riesner: „Dem mitnehmbaren Internet heimlich einsagen, was ich mir wirklich denke“. Dokumentarisches Echtzeit-Erzählen und fiktionale Devianz bei Stefanie Sargnagel. In: Literatur nach der Digitalisierung. Zeitkonzepte und Gegenwartsdiagnosen. Hrsg. v. Elias Kreuzmair und Eckhard Schumacher. Berlin 2021, S. 195-214, hier S. 195-208.
[22] Zum Chat-Roman Vor der Zunahme der Zeichen (2016) von Senthuran Varatharajah siehe Anna Hampel: Das Politische be-sprechen. Zur politischen Gegenwartsliteratur am Beispiel von Senthuran Varatharajahs „Vor der Zunahme der Zeichen“. In: Politische Literatur. Begriffe, Debatten, Aktualität. Hrsg. v. Christine Lubkoll, Manuel Illi und Anna Hampel. Stuttgart 2018, S. 441-458, hier S. 444-446.
[23] Zu Ianina Ilitchevas Profil @blutundkaffee siehe Rupert Gaderer: Deprivation – Energiezustände digitaler Medien und sozialer Netzwerke (Ilitcheva/Faiz). In: Reichweitenangst. Batterien und Akkus als Medien des digitalen Zeitalters. Hrsg. v. Jan Müggenburg. Bielefeld 2021, S. 279-292, hier S. 281-285. Der Begriff der ,Twitteratur‘ wird aufgegriffen in u.a. Elias Kreuzmair: „The Dissociation Technique“ – „Twitteratur“ und das Motiv der Schreibszene in Texten von Renate Bergmann, Florian Meimberg und Jennifer Egan. In: Digitale Kontexte. Literatur und Computerspiel in der Gesellschaft der Gegenwart. Sonderausgabe #2 von Textpraxis. Digitales Journal für Philologie (2. 2017). Hrsg. v. Maren Conrad, Theresa Schmidtke und Martin Stobbe. https://www.textpraxis.net/en/elias-kreuzmair-twitteratur (zuletzt eingesehen 11.11.2021).
[24] Eckhard Schumacher: Gegenwartsvergegenwärtigung. Über Zeitdiagnosen, literarische Verfahren und Soziale Medien. In: Literatur nach der Digitalisierung. Zeitkonzepte und Gegenwartsdiagnosen. Hrsg. v. Elias Kreuzmair und Eckhard Schumacher. Berlin 2021, S. 7-32, hier S. 9 und 26.
[25] Vgl. Niels Penke: #instapoetry. Populäre Lyrik auf Instagram und ihre Affordanzen. In: Zeitschrift für Literaturwissenschaft und Linguistik 49 (2019), S. 451-475, hier S. 452.
[26] Vgl. Frier: The Inside Story of Instagram, S. 13.
[27] Siehe dazu Rupi Kaur: rupikaur_ (2012). In: Instagram. https://www.instagram.com/rupikaur_/ (zuletzt eingesehen 09.01.2022) und Benjamin Stolz: “All the poems have messages”. Gedanken zu Instapoetry, Identitätspolitik und Interpretation. In: Literaturkritik.at vom 20.03.2021, unter: https://www.uibk.ac.at/literaturkritik/zeitschrift/–all-the-poems-have-messages-.html (zuletzt eingesehen 12.11.2021).
[28] Siehe Rupi Kaur: rupikaur_ (2012). you trace the bruises on your ribs vom 18.11.2013. In: Instagram. https://www.instagram.com/rupikaur_/ (zuletzt eingesehen 26.11.2021).
[29] Vgl. Penke: #instapoetry, S. 461.
[30] Lothar Müller: Weiße Magie. Die Epoche des Papiers. München 2012, S. 349.
[31] Vgl. ebd., S. 352.
[32] Vgl. Marshall McLuhan: Understanding Media. The Extensions of Man. London, New York 1994.
[33] Siehe Friedrich Balke, Rupert Gaderer: Einleitung. In: Medienphilologie. Konturen eines Paradigmas. Hrsg. v. Friedrich Balke und Rupert Gaderer. Göttingen 2017, S. 7-22, hier S. 13.
[34] Vgl. Georg Albert: Innovative Schriftlichkeit in digitalen Texten. Syntaktische Variation und stilistische Differenzierung in Chat und Forum. Berlin 2013, S. 144.
[35] Vgl. Simar Bhasin: Greater case in point. Rupi Kaur’s new-age poetry for Gurmukhi. In: The New Indian Express INDULGE vom 17.10.2017, unter: https://www.indulgexpress.com/culture/books/2017/oct/17/greater-case-in-point-rupi-kaurs-new-age-poetry-for-gurmukhi-4027.html (zuletzt eingesehen 06.12.2021) und Penke: #instapoetry, S. 466.
[36] Vgl. Hans Jensen: Die Schrift in Vergangenheit und Gegenwart. Berlin 1969, S. 353.
[37] Vgl. Bhasin: Greater case in point. Rupi Kaur’s new-age poetry for Gurmukhi.
[38] Vgl. Günter Metken: Gustave Courbet. Der Ursprung der Welt. Ein Lust-Stück. München 1997, S. 13.
[39] Siehe dazu Claus Leggewie: Zensur auf Instagram. Wer bestimmt, was Nacktheit ist. In: TAZ vom 05.08.2017, unter: https://taz.de/Zensur-auf-Instagram/!5432582/ (zuletzt eingesehen 07.11.2021).
[40] Alle Zitate aus: Rupi Kaur: rupikaur_ (2012). welcome vom 24.01.2014. In: Instagram. https://www.instagram.com/p/jibwe8nA9E/ (zuletzt eingesehen 05.01.2022).
[41] Vgl. Gregor Balke: Poop Feminism – Fäkalkomik als weibliche Selbstermächtigung. Bielefeld 2020, S. 134.
[42] Vgl. ebd., S. 136.
[43] Zur Weiblichkeitsstilisierung vonseiten des Mannes siehe den Sammelband von Karin Tebben (Hg.): Frauen – Körper – Kunst. Literarische Inszenierungen weiblicher Sexualität. Göttingen 2000.
[44] Vgl. Iris Hermann: Formen der Figur in der Lyrik. Lyrisches Ich und lyrisches Du. In: Formen der Figur. Figurenkonzepte in Künsten und Medien. Hrsg. v. Rainer Leschke und Henriette Heidbrink. Konstanz 2010, S. 109-132, hier S. 116.
[45] In einem Interview, das von der ZEIT publiziert wird, thematisiert Kaur, dass sie sich selbst in ihre Texte einschreibt, indem sie durchlebte Traumata und Ängste literarisch aufgreift. Siehe dazu Carla Baum: Rupi Kaur. „Ich hörte immer dann auf zu atmen, wenn ich mit Männern sprach.“ In: Die Zeit vom 12.01.2021, unter: https://www.zeit.de/zeit-magazin/leben/2021-01/rupi-kaur-schriftstellerin-dichterin-feminismus-erfolg (zuletzt eingesehen 11.12.2021).
[46] Vgl. Gérard Genette: Paratexte. Das Buch vom Beiwerk des Buches. Frankfurt am Main 2019.
[47] Ihr aktueller Beitrag while everyone else vom 09.01.2022 weist bereits sechzehn Stunden nach dem Zeitpunkt des Postings 137.390 Likes und 384 Comments auf (Stand: 09.01.2022). Siehe Rupi Kaur: rupikaur_ (2012). while everyone else vom 09.01.2022. In: Instagram. https://www.instagram.com/p/CYfcGu9sBtl/ (zuletzt eingesehen 09.01.2022).
[48] Vgl. Carolin Gerlitz: Soziale Medien. In: Handbuch Popkultur. Hrsg. v. Thomas Hecken und Marcus S. Kleiner. Stuttgart 2017, S. 235-239, hier S. 236.
[49] Vgl. Schumacher: Gegenwartsvergegenwärtigung, hier S. 25
[50] Alle Zitate aus: Rupi Kaur: rupikaur_ (2012). i’ll be quiet when vom 16.12.2020. In: Instagram. https://www.instagram.com/p/CI3YHxFBVAh/ (zuletzt eingesehen 14.12.2021).
[51] Vgl. Ute Frevert: Die Politik der Demütigung. Schauplätze von Macht und Ohnmacht. Frankfurt am Main 2017, S. 122.
[52] Vgl. ebd.
[53] Vgl. ebd.
[54] Vgl. ebd.
[55] Vgl. ebd., S. 123.
[56] Die Buchpublikation wie du Leere sagst, klingt entfernt nach Liebe von Carina Eckl erschien im Jahr 2019 im APHAIA Verlag, München.
[57] Siehe Carina Eckl: kursives_ich (2018). In: Instagram. https://www.instagram.com/kursives_ich/ (zuletzt eingesehen 27.01.2022).
[58] Alle Zitate aus: Carina Eckl: kursives_ich (2018). wenn du meinen Körper vom 15.04.2021. In: Instagram. https://www.instagram.com/p/CNsa-QuhZJl/ (zuletzt eingesehen 10.12.2021).
[59] Vgl. Maren Bienert, Monika E. Fuchs: Vorwort. Ästhetik – Körper – Leiblichkeit. Eine Einführung. In: Ästhetik – Körper – Leiblichkeit. Aktuelle Debatten in bildungsbezogener Absicht. Hrsg. v. Maren Bienert und Monika E. Fuchs. Stuttgart 2018, S. 9-13, hier S. 9.
[60] Alle Zitate aus: Carina Eckl: kursives_ich (2018). mein Körper gehört nur mir vom 21.09.2021. In: Instagram. https://www.instagram.com/p/CUF1-fCAdWN/ (zuletzt eingesehen 05.01.2022).
[61] Siehe Frank Francesco Birk, Sandra Mirbek: Bodyshaming, Bodypositivity, Bodyneutrality und Bodydiversity. Körperlichkeit als zentrale (Anti-)Diskriminierungsthematik. In: Körper – Tanz – Bewegung 9 (2021), S. 142-150, hier S. 143.
[62] Vgl. Birk, Mirbek: Bodyshaming, Bodypositivity, Bodyneutrality und Bodydiversity, S. 143.
[63] Vgl. ebd.
[64] Vgl. ebd., S. 145.
[65] Siehe Penke: Populäre Schreibweisen, S. 93.
[66] Vgl. Claudia Benthien: Poetry in the digital age. In: Theories of Lyric. An anthology of world poetry criticism. Hrsg. v. Antonio Rodríguez. Lausanne 2021, https://lyricology.org/poetry-in-the-digital-age/ (zuletzt eingesehen 11.12.2021).
[67] Vgl. ebd.
[68] Vgl. Rüdiger Zymner: Theorien der Lyrik seit dem 18. Jahrhundert. In: Handbuch Lyrik. Theorie, Analyse, Geschichte. 2. Auflage. Hrsg. v. Dieter Lamping. Stuttgart 2016, S. 23-36, hier S. 29.
[69]Zum Meme siehe Olga Goriunova: Die Kraft der digitalen Ästhetik. Über Meme, Hacking und Individuation. In: Zeitschrift für Medienwissenschaft 5 (2013), H. 8, S. 70-87, hier S. 75.

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