Konsumrezension Winter
von Katja Gunkel
28.1.2019

Squeezing Animals: Über die Verformbarkeit des Niedlichen

„Drück mich, quetsch mich, hab mich lieb!“ oder „Wish for the Squish“[1] – seit geraumer Zeit scheinen nicht nur Spielwarenhersteller, sondern auch Social Media den Tastsinn wiederentdeckt zu haben. Egal ob auf YouTube, Instagram, Tumblr oder Giphy, allenthalben begegnen uns aus der Kindheit vertraute formbare Texturen. Das medial inszenierte Warensortiment der haptischen Sensationen hat sich dabei nicht nur in Konsistenz und Farbe deutlich ausdifferenziert. Zu Glibber und Schleim[2] gesellen sich zahlreiche andere formbare Substanzen wie kinetischer Sand, Silikon, Polyurethanschaumstoff oder Playfoam®, eine Knetmasse aus Styroporkügelchen, die nicht eintrocknet und daher laut Herstellerangaben auch keinerlei Unordnung, sondern einzig das gute Gefühl hinterlässt, die musische und motorische Entwicklung des eigenen Nachwuchses nach Kräften gefördert zu haben.[3] 

Wenn es nach dem Haptikforscher Martin Grunwald geht, ist jene Hinwendung zum lange stiefmütterlich behandelten Tastsinnensystem kein Wunder, handele es sich dabei doch um die einzige lebensnotwendige Wahrnehmungsfähigkeit des „Homo sapiens hapticus“[4], die infolge der fortschreitenden Virtualisierung von Lebenswelt im Alltag zunehmend verkümmere. In ihrem jüngst veröffentlichten Buch „Die berührungslose Gesellschaft“ widmet sich die Autorin und Journalistin Elisabeth von Thadden ebenfalls dem ewigen Wechselspiel zwischen körperlicher Nähe und Distanz, Sehnsucht und Scheu, das in besonderem Maße das „Dilemma des spätmodernen Menschen“[5] kennzeichne. Auch die Industrie hat mittlerweile den Einfluss haptischer Erfahrungen auf die Kaufentscheidung erkannt und bezieht bei der Produktentwicklung zunehmend die Tastsinnesbedürfnisse der anvisierten Zielgruppe mit ein. Durch Haptik-Design und Texture-Branding ist der Tastsinn zu einer relevanten „gestalterische[n] und betriebswirtschaftliche[n] Größe“[6] avanciert. 

Vor diesem Hintergrund entzünden sich die nachfolgenden Überlegungen zur Verformbarkeit des Niedlichen an einer gegenwärtig virulenten Produktgruppe, welche die charakteristischen Form- und Materialeigenschaften von cute design[7] geradezu idealtypisch auf sich vereinigt: sogenannte ‚Squishies‘, wortwörtlich mit ‚Quetschies‘ zu übersetzen. Analogien zur gleichnamigen Lebensmittelverpackung finden sich nicht bloß nominell, sondern ebenso auf ästhetisch-funktionaler Ebene, steht doch auch im Fall des mit Fruchtmus bzw. Gemüsepüree befüllten Quetschbeutels der multisensorische, spielerische Erlebnischarakter sowie die Selbstwirksamkeit der nunmehr weitgehend autonomen frühkindlichen Nahrungsaufnahme durch händisches Zusammendrücken der Weichplastikverpackung im Mittelpunkt.  

Wahlweise als ‚Anti-Stress-Gadget‘, Spielzeug oder gar Kuscheltier beworben, handelt es sich bei dem asiatischen Importschlager ‚Squishy‘ zumeist um miniaturisierte Tierfiguren, die ebenfalls ausdrücklich zu manueller Krafteinwirkung auffordern. Die beworbene haptische Interaktionsmöglichkeit ist dabei mitnichten Selbstzweck. Neben kurzweiliger Zerstreuung trägt wiederholtes Drangsalieren, d.h. rhythmisches Quetschen, Drücken oder Ziehen der strapazierfähigen Silikonfigur laut Herstellerangaben zur Affektableitung und in der Folge zu körperlicher Entspannung bei. Als willfähriges Instrument des ‚Mood-and-Mind-Managements‘ wird der vergleichsweise billige Artikel auf spielerische Weise im Kontext des Wellness- und Selbstfürsorge-Diskurses verortet. Die Handhabung erinnert an das Entspannungsverfahren der progressiven Muskelrelaxation, Handtrainer zum gezielten Muskelaufbau sowie entsprechend des Härtegrads farbig codierte, medizinisch konnotierte Thera-Bälle. Im Unterschied dazu ergibt sich der psychophysische Nutzen eines ‚Squishies‘ nicht allein aus dessen elastischer Materialität; mindestens genauso maßgeblich ist die gewählte ‚cute‘ Formensprache. 

Ein Quetschtier kommt selten allein. In der Regel umfasst eine Verkaufseinheit einen zweistelligen Zoo an unterschiedlichen Haus-, Nutz- und Wildtieren, die gesammelt oder verschenkt werden können. Darunter befinden sich Variationen von Katzen, Hasen, Küken, Schweinen, Robben, Bären, Elefanten, Schafen, Koalas, Schwanzlurchen und dergleichen mehr. Ungeachtet figürlicher wie farblicher Varianz orientiert sich die Produktgestaltung am japanischen Designprinzip Kawaii, das der elastischen Silikonmasse eine stark vereinfachte kreatürliche Form verleiht. Zwar führt die zum Zwecke optimierter Quetscherfahrung vorgenommene Abstraktion mitunter dazu, dass sich das referenzierte Tier nicht mehr zweifelsfrei erkennen lässt, doch beeinträchtigt die Unförmigkeit keineswegs den Eindruck des Niedlichen. Als dessen Inbegriff kann Sianne Ngai zufolge vielmehr eine weiche, teigige Masse gelten – „the less formally articulated the commodity, the cuter.“[8] Niedlichkeit verhält sich demnach umgekehrt proportional zu einer detailgetreuen, naturalistischen Gestaltung. Phänotypisch kennzeichnend ist folglich die starke Stilisierung des tierischen Vorbilds.  

Extreme Miniaturisierung, teils grotesk verzerrte bzw. aufgeblasene Körperproportionen, verkürzte oder fehlende Gliedmaßen, runde Formen sowie bunte oder pastellige Farben – cute design bringt Wesen hervor, deren Körper sich mit Daniel Harris als ‚anatomisches Desaster‘[9] beschreiben lassen. Die Morphologie des Niedlichen unterhält offenkundig eine enge Beziehung zu Deformation und Missbildung: „The aesthetic of cuteness creates a class of outcasts and mutations, a ready-made race of lovable inferiors […]. Something becomes cute not necessarily because of a quality it has but because of a quality it lacks, a certain neediness and inability to stand alone […].“[10] 

Obgleich die Quetschtiere zum Großteil in liegender Körperhaltung und somit im Zustand völliger Passivität inszeniert sind, evozieren die jeweils konkret gewählten Posituren durchaus unterschiedliche Gefühle. Während der Kassenschlager, die gleich in vierfacher Ausführung vorhandene, anthropomorph gestaltete Katzenfigur als einzige mit geschlossenen Augen tiefenentspannt und selbstzufrieden in Rückenlage zu schlummern scheint, wirkt die Körperhaltung der verbleibenden ‚Quetschies‘ vergleichsweise geschlossen, suggeriert wahlweise ängstliches Kauern oder apathische Selbstaufgabe und appelliert an emotionale Zuwendung wie Fürsorge. Die Ästhetisierung von Mangelhaftigkeit, Bedürftigkeit und Machtlosigkeit seitens des Designs impliziert dabei bereits einen sadistischen Anteil seitens des Herstellers. Ihre Fähigkeit zur Emotionalisierung verdankt die ästhetisch-affektive Kategorie des Niedlichen folglich einer wesenhaften Grausamkeit: Erst durch einen entmündigenden Akt der Verdinglichung wird jene Machtasymmetrie etabliert, die als Voraussetzung für das ästhetische Urteil „süß“ selbst gelten kann. „[…] [T]he more objectified the object, or the more visibly shaped by the affective demands and/or projections of the subject, the cuter.“[11] 

Die Gleichzeitigkeit von gemischten, durchaus widersprüchlichen Gefühlen – Mitleid und Fürsorgeimpuls auf der einen und oftmals tabuisierten Missbrauchs- bzw. Gewaltfantasien auf der anderen Seite – verweist auf eine dem Konzept des Niedlichen inhärente Ambivalenz. Ein Eintrag im Urban Dictionary, einem nutzer*innenbasierten Online-Wörterbuch für englische Umgangssprache, erklärt die Wortbedeutung des Adjektivs squishy entsprechend durch Verweis auf dessen alltagspraktisch geläufige impulsiv-tätliche Reaktion beim Anblick von Niedlichem: „When you see something really cute, such as a baby, you may want to smoosh, squeeze, rip its head off, eat it […], or squish it, hence, squishy.“[12] 

Für den Eindruck des Niedlichen sind Materialqualitäten besonders bedeutsam: Weich, rund und im besten Fall flauschig soll es sein, eine angenehme Haptik besitzen und bereits qua Design nachgerade zum Drücken und Umarmen einladen. ‚Quetschies‘ sind in Bezug auf ihre Materialität ebenfalls ambivalent: Nach einer gewissen Nutzungsdauer kann das weiche, anfangs angenehm kühle und pudrige Handgefühl ob zunehmender Klebrigkeit und Verschmutzung in Ekel umschlagen. Weiterhin steht die anatomische Versehrtheit des verstümmelten Tierkörpers im Kontrast zu dem nahezu unkaputtbaren Material: Stumpfe physische Krafteinwirkung vermag die Körperform zwar bis zur Unkenntlichkeit deformieren; jene Gestaltveränderung ist jedoch nicht von Dauer. Aufgrund seiner Elastizität kehrt das reaktive Objekt ein ums andere Mal mühelos wie unermüdlich in seine figurative Ursprungsform zurück. Derart widerstands- bzw. leidensfähig erdulden die Quetschtiere selbst die stürmischsten bzw. fragwürdigsten Liebkosungen mit geradezu stoischer Ruhe. Jene physische Resilienz garantiert ihnen das Überleben zahlloser Affektattacken. Ein sorgloser, grobmotorischer, ja gar brutaler Umgang mit den kleinen, betont passiven Tierchen bleibt folgenlos. ‚Squishies‘ besitzen weder ein kognitives noch ein materielles Erinnerungsvermögen, sind praktisch nicht nachtragend und ermöglichen daher ein lustvolles, weil moralisch entlastetes, freies Spiel negativer Impulse. 

Wie die äußere Gestalt der tragischen[13] Kreaturen ruft auch die materielle Unbeugsamkeit gemischte Gefühle hervor. Das Verlangen eine irreversible Versehrung herbeizuführen, das Innere des ‚Squishies‘ nach außen zu kehren, zeigt sich zum Beispiel auf YouTube recht eindrücklich: Junge, zumeist weibliche Akteur*innen rücken ihren ausrangierten Quetschdingen in Großaufnahme mit der Schere zu Leibe oder überfahren sie – in aller Regel erfolglos – mit dem Auto.  

Ungeachtet ihrer Tiergestalt werden ‚Squishies‘ häufig als sich selbst zum Verzehr darbietende Nahrungsmittel inszeniert und erinnern auf diese Weise an japanische Reiskuchen, sogenannte Mochi. Meist mit Bohnenpaste gefüllt, zeichnet sich jene kugelförmige, bisweilen eingefärbte und mit Tiergesichtern verzierte Süßigkeit durch eine geschmeidige Konsistenz mit pudriger Oberflächentextur aus. Ihre formal-ästhetischen wie haptischen Qualitäten sind denen der Silikon-‚Quetschies‘ derart ähnlich, dass sich von einem konzeptionellen Verwandtschaftsverhältnis sprechen lässt. Wenn Lebensmittel zu niedlich zum Essen werden („too cute to eat“) und Dinge, die man nicht essen sollte (z.B. Babys, Haustiere, Silikon oder Schaumstoff) geradezu nach ihrem Konsum zu verlangen scheinen („So cute, I could eat you!“), dann befinden wir uns bereits mitten im – durch Paradoxien gekennzeichneten – sensorischen Bannkreis der Niedlichkeiten.[14] 

So weit, so cute? Eine gänzlich neue Dimension erhält die online weit verbreitete Praktik des Tiere-Drückens jedoch, wenn die Speckpolster von duldsamen Haustieren zum schamlosen Knautschen herhalten müssen. Aufgrund des hohen Fettanteils erfreut sich unter den Hunderassen insbesondere die japanische Züchtung Shiba Inu als lebendiges Quetschtier zweifelhafter memetischer Berühmtheit. 

 

Als nervenberuhigendes Hilfsmittel zur Bewältigung alltäglicher Stressoren ist das Phänomen ‚Squishy‘ an der Schnittstelle zwischen Ngais ästhetischen Kategorien cuteness und zaniness anzusiedeln. ‚Zany‘ ist dabei nicht bloß die kollektive Obsession mit knautschbaren Tierkörpern, seien diese nun tatsächlich lebendig oder lediglich fiktional beseelt, sondern deren Verortung im Diskurs subjektiver Selbstorganisation und -optimierung. Wie Allison Page mit Blick auf die zeitgenössische Kreativwirtschaft demonstriert, ist die affektregulierende Wirkung des Niedlichen mittlerweile fest im Selbstfürsorgedispositiv neoliberaler Subjekte verankert.[15] ‚Squishies‘ im Speziellen und ‚cute design‘ oder ‚cute animal content‘ im Allgemeinen dienen ebenso dazu, die Zufriedenheit wie Motivation von Arbeitnehmer*innen zu verbessern und somit eine möglichst konstant hohe Leistungsbereitschaft und -fähigkeit zu gewährleisten; ist die emotionale Zufriedenheit der Arbeitskräfte doch einer der relevantesten Wirtschaftsfaktoren. Physiopsychische Unausgeglichenheit wird in einem Akt ichbezogener Care-Arbeit durch beiläufige, kontinuierliche Muskelkontraktion an wehrlosen wie strapazierfähigen Tierwesen abgebaut. Stumm, aber deshalb nicht weniger eindrücklich demonstrieren sie, dass sich das berühmte Hamsterrad immer weiterdreht.

Während einige die haptische Befriedigung unmittelbar mit den eigenen Händen zu erfahren suchen, scheint für etliche Menschen stellvertretendes Tierequetschen bzw. ein visueller Stimulus völlig ausreichend. Jener zirkuläre wie einförmige Bewegungsablauf findet seine zeitgenössische mediale Entsprechung in einem mit Social Media wieder erstarkenden Dateiformat der 1990er Jahre, dem Animated GIF. Innerhalb digitaler Kommunikation omnipräsent, zeichnet es sich unter anderem durch seine herausragende ‚affektive Performance’[16] die medienspezifische Fähigkeit zur Emotionalisierung – aus. Zumeist tonloses Fragment eines deutlich längeren Videos, isoliert das GIF lediglich die für die beabsichtigte Aussage relevanteste Sequenz. Im Fall von #squishy wird das Quetschmoment auf seine Essenz, den Zenit der Deformation, zugespitzt. Der kontinuierliche Loop verlängert jenen Kulminationspunkt ins Endlose und verleiht dem Dargestellten eine leiblich erfahrbare Intensität. Die dekontextualisierte, repetitiv ablaufende Bewegung gleicht einer rituellen Handlung und transformiert den Material gewordenen tierischen Protagonisten in einen als Requisite im Klammergriff gehaltenen Fetisch. Etwaige Gänsehaut stellt sich bei der Betrachterin oder dem Betrachter vermutlich weniger aufgrund orgastischer Freuden, denn gemischter – mit Mitleid und Befremdung durchsetzen – Empfindungen ein.

 

Frust am Arbeitsplatz? Aggressionen aufgrund ausbleibender Genialität? Dann wird es Zeit, den Stress unter Zuhilfenahme von Schwänen in Wohlgefallen aufzulösen („It’s time to solve stress with swans!“). Als Nachfolgeprodukt eines aufblasbaren Schwimmtiers in Schwanengestalt hat der britische Künstler David Shrigley sein Sortiment um eine quetschbare Miniaturversion namens „Ridiculous Stress Swan-Thing“ aus Polyurethanschaumstoff erweitert.

Die bei jeder Gelegenheit beworbene heilende, ja lebensverändernde positive Wirkung von ‚Quetschies‘ wird jedoch bereits beim schieren Anblick jener Kreatur zweifelhaft. Die spezifische Anatomie des gewählten Federviehs erschwert eine verniedlichende Darstellung, ist der lange und schlanke Hals doch ein zentrales Merkmal des Schwimmvogels. Im Dienste der Wiedererkennbarkeit trotzt seine Gurgel erfolgreich verniedlichenden Stilisierungsbemühungen. Shrigleys ‚Schwanending‘ wird vorrangig am Torso, nicht jedoch im Gesicht gequetscht. Während sich die Originalform noch buchstäblich in Gänze begreifen lässt, ragt der nahtlos in den Hals übergehende Kopf jener ‚Squishy‘-Mutation nicht bloß bereits keck aus der Verpackung, sondern entzieht sich auch im praktischen Gebrauch provokativ seiner Deformierung. Selbstbewusst Aufmerksamkeit einfordernd (‚look‘), hält er stets Blickkontakt mit seiner Quetscher*in und zwar ohne auch nur eine Miene zu verziehen. Sein gleichmütiger Gesichtsausdruck führt die Absurdität der ursprünglich zur Entspannung gedachten Handlung des Tiere-Drückens vor. Von diesem Schwan ist weder Anteilnahme noch stellvertretendes Leiden zu erwarten, vielmehr scheint er die erbärmlichen Zen-Wiederherstellungsversuche seines Gegenübers zu verhöhnen. Indem Shrigley die Strategien von cute design in Teilen subvertiert, rückt er jene Mechanismen in den Blick, die bei der Kommodifizierung von Emotionen üblicherweise unbemerkt greifen. Die gewählte Produktbezeichnung ist selbstironisch, trägt die Lächerlichkeit des Unterfangens bereits im Namen und entkräftet somit potentielle Kritik a priori. Der Erwerb eines ‚Quetschschwans‘ bringt dessen Käufer*in demzufolge in die günstige Situation, Überlegenheit wie Kennerschaft demonstrieren zu können, ohne dabei auf vergnügliches Tiergequetsche verzichten zu müssen. In diesem Sinne: „Love your stims! Love yourself!“[17] 

 

Anmerkungen 

[1] So lautet der Werbeslogan von Playfoam®.

[2] Bei Einführung von ‚Slime‘ 1976 adressierte der Spielwarenhersteller Mattel zur Vermarktung der zähflüssigen, gallertartigen Masse noch das Ekelgefühl – „kalt und klamm, wabbelig und schlickerig, schleimig und glibberig. IGITTIGITT!!“ Das Farbspektrum reichte von Neongrün bis Grünbraun, erinnerte wahlweise an Nuklearmüll oder aber Verdorbenes, Erbrochenes bzw. andere unschickliche Körpersekrete. Zwischenzeitlich hat der einstige „Horror-Gag […] wie frisch aus der Nase“ einen beeindruckenden Imagewandel hingelegt und seine Zielgruppe derart deutlich erweitert. Mit Blick auf das von Amazon angebotene Warensortiment scheint die Beobachtung zulässig, dass der dem Schleim anhaftende Degout mittlerweile einer Hyperaffirmation des Niedlichen, einem ‚cuteness overload‘, gewichen ist: Regenbogenschleim, Magische Superknete, DIY-Slime-Kits, von Einhörnern empfohlener Wolkenschleim, duftender Zuckerwatte-Schlamm oder ‚Swallowzy‘, ein meist pastellfarbiger Schleim, in den sich unterschiedlichste mitgelieferte Kleinteile – bevorzugt bunte Strasssteine, Kristalle, Perlen oder Flitter– manuell einarbeiten lassen. Der Schleim von heute ist vor allem eines, clean, cute und klar gegendert. N.N.: ‚Slime‘ für Kinder und für Kunst, in: Der Spiegel (#32) 24 (1978), S. 232. Online abrufbar unter http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-40615622.html [21.01.2019]

[3] Eine saubere Sache; ökologische Ignoranz vorausgesetzt.

[4] Vgl. Grunwald, Martin: Homo hapticus. Warum wir ohne Tastsinn nicht leben können, München 2017.

[5] Vgl. Thadden, Elisabeth von: Die berührungslose Gesellschaft, München 2018.

[6] Grunwald: Homo hapticus, S. 217.

[7] Bezüglich des Begriffs wie des Designkonzepts vgl. Gn, Joel: Designing Affection. On the Curious Case of Machine Cuteness, in: Joshua Dale et al. (Hrsg.): The Aesthetics and Affects of Cuteness, New York [u.a.] 2017, S. 175-193.

[8] Ngai, Sianne: Our Aesthetic Categories. Zany, Cute, Interesting, Cambridge/Mass. [u.a.] 2012, S. 64.

[9] Vgl. Harris, Daniel: Cute, Quaint, Hungry and Romantic. The Aesthetics of Consumerism, Boston/Mass. 2000, S. 3.

[10] Ebd., S. 4.

[11] Ngai: Our Aesthetic Categories, S. 65.

[12] Squishy via urbandictionary.com, https://www.urbandictionary.com/define.php?term=squishy [21.01.2019].

[13] Vgl. Grossman, Andrew: Freedom from the Pedomorphic Ideal. A Speculation on the Tragically Cute, https://brightlightfilm.com/ vom 31.10.2010, https://brightlightsfilm.com/wp-content/cache/all/freedom-fromthe-pedomorphic-ideal-a-speculation-on-the-tragically-cute/ [21.01.2019].

[14] Vries, Nadja de: Under the Yolk of Consumption. Re-Envisioning the Cute as Consumable, in: Joshua Dale et al. (Hrsg.): The Aesthetics and Affects of Cuteness, New York [u.a.] 2017, S. 253-273.

[15] Page, Allison: „This Baby Sloth Will Inspire You To Keep Going“ – Capital, Labor, and the Affective Power of Cute Animal Videos, in: Joshua Dale et al. (Hg.): The Aesthetics and Affects of Cuteness, New York [u.a.] 2017, S. 75-94.

[16] Vgl. Miltner, Kate M.; Highfield, Tim: Never Gonna GIF You Up. Analyzing the Cultural Significance of the Animated GIF, in: Social Media + Society, Juli-September 2017, S. 1-11. https://doi.org/10.1177/2056305117725223

[17] https://judestims.tumblr.com/ [Link erloschen]

 

Katja Gunkel (Dr. phil.), geb. 1981, ist wissenschaftliche Mitarbeiterin im Bereich Neue Medien am Institut für Kunstpädagogik der Goethe-Universität Frankfurt am Main.