Bilanz
Wir werden unsere Rubrik ‚Konsumrezension‘ im neuen Jahr mit aktuellen Überblicken bestreiten, sie wird dann einmal im Quartal oder Halbjahr erscheinen. Eine gute Gelegenheit also, um zurückzublicken und eine kleine Bilanz der bisherigen monatlichen Artikel zu ziehen.
Der Anspruch war, Konsumgegenstände des täglichen Gebrauchs mit derselben Sorgfalt zu rezensieren, wie das sonst nur im großen Feuilleton mit Büchern, Theateraufführungen, Filmen und Designklassikern geschieht. Im Unterschied zu Kundenrezensionen, die das eigene Geschmacksurteil, das gespürte Preis/Leistungs-Verhältnis oder unabhängig davon die technische Qualität der Produkte in den Mittelpunkt stellen, sollte die kulturelle Bedeutung in den Vordergrund rücken. Damit ist nicht der Wert oder vermeintliche Güte gemeint, sondern die Bedeutung, die das Objekt in bestimmten alltäglichen Situationen genießt oder die das Marketing und die Produktgestalter zumindest für es entwerfen und vorsehen.
Vor allem mit den Mitteln der kunstgeschichtlichen Analyse ist dies hier auch geschehen. Der Nachweis, dass man über solche profanen Objekte mit einstmals geweihten Begriffen längere Abhandlungen schreiben kann, musste natürlich nicht erst erbracht werden, zählt es doch zum Inbegriff von Feuilleton und Essayismus, seine Könner- und Kennerschaft gerade an scheinbar marginalen, minderwertigen, bedeutungslosen Objekten zu demonstrieren. Bemerkenswert ist aber immer noch, dass diese feuilletonistische oder kunstwissenschaftliche Übung hier nicht nur bei Produkten von Apple, sondern z.B. auch billigem Toastbrot zum Einsatz kam.
Es stellt sich darum die Frage, wieso das nicht öfter im Feuilleton geschieht, kennen doch die Leser die allermeisten dort besprochenen Aufführungen, CDs, Romane, Ausstellungen überhaupt nicht und haben keinerlei Möglichkeit, die Ausführungen der Feuilletonisten zu beurteilen. Dies ist bei manchem Konsumgegenstand, bekannt aus Supermarkt und Werbung, anders, hier stieße die Bedeutungsproduktion also auf gewisse Kenntnisse und eigene Einschätzungen. Die professionellen Autoren wären mit kompetenten Laien im Bunde – in jedem Fall bestünde die Möglichkeit des unmittelbaren Widerstreits oder der Umdeutung auf breiterer Front.
Ein Nachklang des üblichen feuilletonischen und kunstwissenschaftlichen Vorgehens ist in unserer Kolumne insofern zu verspüren, als sie ihre Bedeutungsklärung und -erklärung, ihre Sinngebung und -vermutung vor allem durch die Inspektion der von den Firmen hergestellten Waren und Werbematerialien erzielte. Interpreten und Analysten stehen Werken gegenüber; Betrachtungen des tatsächlichen Gebrauchs spielen eine geringere Rolle, obwohl es sich nicht selten um Gegenstände des täglichen Gebrauchs handelt und ‚Konsumieren‘ nun einmal mit ‚Verzehren‘ im Wort-Zusammenhang steht.
Abschließend die vollständige Reihe und Link-Liste aller Beiträge, die (unter der ausgezeichneten Redaktion Simon Bielings) in den letzten drei Jahren auf unserer Seite veröffentlicht worden sind:
Gegenstände früherer Konsumrezensionen:
Preis-Anzeigen (November 2016)
Online-Preise (Oktober 2016)
Pop-Tarts (September 2016)
Sammeln, Sampeln (August 2016)
Preise besitzen: Couponisten (Juli 2016)
Hundefutter (Mai 2016)
Kühlschränke (April 2016)
Works of art and ordinary things (März 2016)
Muttersein in der Werbung (Februar 2016)
Produkte datieren. Retro, Vintage (Januar 2016)
Opel Adam Rocks und Babybel (Dezember 2015)
Tieraccessoires (November 2015)
Lampensystem Alphabeta (Oktober 2015)
Fertigpizza (September 2015)
Strände (August 2015)
Fitbit (Juli 2015)
Konferenz Digital-Life-Design (Juni 2015)
Öko-Marketing/CO2-Kompensation (Mai 2015)
Apple Watch (April 2015)
Flüssig-Make-up/Spiraldesign (März 2015)
Buch (Februar 2015)
Feuerwerks-Anzeigen (Januar 2015)
Online-Marktplatz DaWanda (Dezember 2014)
Designanalysen (Gui Bonsiepe, HfG Ulm) (November 2014)
Toastbrot (Oktober 2014)
Saugroboter (September 2014)
Supermarktsortiment (August 2014)
Rasenmäher und Kinderbuggy (Juli 2014)
Discounter und Supermarktketten werben mit der WM (Juni 2014)
Tee: Pukka und Yogi (Mai 2014)
Grundsätzliche Überlegungen: Welches Vorgehen ist sinnvoll, wenn man Konsumprodukte rezensiert? (April 2014)
Zwei Schokoladenprodukte (März 2014)
Die Smartphones Lumia 1020 und Galaxy 4 (Februar 2014)
Der feministische Bechdel-Test, umformuliert fürs Marketing, ausprobiert an AXE Deodorant Bodyspray (Januar 2014)
Mr Muscle Aktiv-Kapseln Allzweck-Reiniger (Dezember 2013)
Schwarzkopfs Gliss Kur Million Gloss Kristall Öl (November 2013)