»Star Trek« – Popkultur als Szene gemeinsamer Aufmerksamkeit
von Maren Lickhardt
3.1.2015

Enterprise, Tamarianer, Sheldon Cooper: Zusammenhang von Mythen und Ereignissen

I.

Sprachliche Kommunikation wird im Star Trek-Universum selten zum Problem. Es gibt einen zahlreichen Spezies implantierten Universaltranslator, der die Grammatik und Semantik sämtlicher Sprachen unmittelbar und unbemerkt übersetzt, auch zuvor unbekannter Sprachen sofort entschlüsselt. Erwähnt wird dieser Translator nur, um das Phänomen der schrankenlosen Kommunikation über alle Planeten und Quadranten hinweg zu plausibilisieren.[1]

Sprach-, kommunikations- und medientheoretische Erwägungen finden sich in der Serie ebenso selten wie die entsprechenden Schwierigkeiten.[2] Sprache erscheint zumeist transparent und durchlässig, Kommunikation funktional und barrierefrei; Medien wirken kaum je auf die durch sie verhandelten Prozesse ein, die sich um Wertefragen sowie politische und auch ökonomische Interessen ranken.

Allenfalls die Existenz von Deanna Troi in Next Generation markiert möglicherweise ein gewisses Misstrauen in die sprachliche Kommunikation, steht sie Captain Picard doch als Empathin zur Seite, um die Emotionen dritter Figuren auch dann zu erspüren, wenn diese sie nicht offenbaren wollen. Letztlich steht aber auch dies im Dienste kommunikativer, man möchte fast sagen mystischer Transparenz und wird kaum je ausgelastet, um Vermittlungs- und Übersetzungsprozesse zu reflektieren.[3]

Die Folge Darmok aus Next Generation (TNG s5e2, 1991) bildet in dieser Hinsicht eine Ausnahme, und ausgerechnet dort, wo Sprache und Kommunikation in den Fokus rücken und befragt werden, vollzieht sich ein Akt der Selbstreflexion der Pop- oder Populärkultur.

Die Enterprise trifft in dieser Folge auf die Tamarianer, eine so bezeichnete „enigmatic race“, die der Föderation schon bekannt ist und bei aller Leistungsfähigkeit des Universaltranslators als unverständlich eingestuft wurde.

Man ahnt bei den ersten Sätzen des Tamarianers, wo das Problem liegt: „Rai and Jiri at Lungha. Rai of Lowani. Lowani and two moons. […] Shaka. When the walls fell. Darmok and Jalad at Tanagra.” Grammatik und Semantik des Gesagten werden ganz offenbar erfasst und übersetzt. Dennoch ergibt es keinen Sinn, kann es weder mit referentiellen noch pragmatischen Bedeutungen gefüllt werden, weil die genannten Figuren und Orte ebenso unbekannt sind wie das erwähnte Ereignis, als die Mauern fielen.

Auf der Enterprise diskutiert die Crew die Funktionsweise der fremden Sprache. „Data: The Tamarian ego structure does not seem to allow what we normally think of self-identity. Their ability to abstract is highly unusual. They seem to communicate through narrative imagery, a reference to the individuals and places which appear in their mytho-historical accounts. Troi: It’s as if I were to say to you: Juliet on her balcony. […] Imagery is everything to the Tamarians.” Auf Commander Rikers Frage, ob es nun möglich sei, die Tamarianer zu verstehen, antwortet Data: „No, sir. The situation is analog to understanding the grammar of a language but none of the vocabulary.“

Verstehen oder Verständigung bleibt unmöglich, weil die Sprache der Tamarianer auf kollektiven Narrativen und Topoi basiert, die an gemeinsame, sozial und kulturell geteilte historische Ereignisse gebunden sind. Unabhängig von diesen pragmatisch fundierten Sprachspielen mit ihren situativen Rückbindungen können Signifikanten nicht frei bewegt oder kombiniert werden. Unabhängig von der geteilten Erfahrung, der gemeinsamen Kenntnis von Personen, Orten und Handlungen sind Bedeutungen nicht kommunizierbar oder zugänglich.

So muss man als Mensch oder Föderationsmitglied auch Shakespeare kennen, um zu verstehen, worauf sich das Bild von Julia auf dem Balkon bezieht. Bei den Tamarianern gestaltet sich dies freilich radikaler, denn es ist in dieser Sprache überhaupt keine Möglichkeit angelegt, auf Referenzpunkte und Deutungshorizonte zu rekurrieren oder neue Erfahrungen zu benennen und somit neue Bezugspunkte der sprachlichen Äußerung zu generieren, wenn die gleichzeitige Anwesenheit oder geteilte Kenntnis der Sprachteilnehmer an einer Situation nicht gewährleistet ist. Nur eine derartige Stabilisierung von Topoi und Narrativen, die innerhalb der Folge selbst explizit als Mythen und Metaphern bezeichnet werden, garantiert gelungene Kommunikation.

Da sich die Tamarianer der Funktionsweise ihrer Sprache bewusst sind, und sie unbedingt einen Anschluss an eine fremde Spezies oder Kultur herstellen möchten, schaffen sie einen entsprechenden situativen Rahmen. Bevor und während die Crew auf der Enterprise die fremde Sprache auf dem Schiff erörtert, beamen sie den Captain ihres Schiffs sowie Captain Picard nur mit zwei Messern bewaffnet auf einen Planten, wo die beiden gemeinsam gegen ein Energiewesen kämpfen sollen.

Picard kann die Absicht nicht erahnen und lehnt das ihm angebotene Messer zunächst ab. Als das Energiewesen auftaucht, also im Angesicht einer unmittelbaren Bedrohung, handelt er jedoch im Sinne des Tamarianers. Die beiden Captains befinden sich im Kampf gegen einen gemeinsamen Gegner, und im Rahmen der Erörterung von Kampftaktiken beginnt nun auch Picard auf dem Planeten zu verstehen, wie die tamarianische Sprache funktioniert: „That’s how you communicate, isn’t it. By citing example. By metaphor!“

Darüber hinaus ist er aber nun auch in der Lage, das ‚Vokabular‘ zu entschlüsseln. Er versteht, dass und wie die Äußerungen des Tamarianers die Parameter der aktuellen Situation – Szenerie, Figuren, Anordnung, Handlung, Gestik – an eine historische rückbinden und als Analogie beschreiben: „Was ist like this at Lazmir?“ Umgekehrt liefert das Narrativ oder der Topos die Handlungsanweisung für die aktuelle Situation.

Das gemeinsame raumzeitliche Handeln, dessen Verbindlichkeit sich aus dem Grundexistential des Überlebens ergibt, also nicht kulturell, sondern biologistisch hergeleitet wird, lässt Picard das historisch-situativ und sozio-kulturell determinierte Vokabular des Fremden verstehen, und im Rahmen weiteren gemeinsamen Handelns kommt das Verstandene funktional zur Anwendung.

Da die tamarianische Sprache so konstruiert ist, dass jede Äußerung an den Ursprung ihrer Entstehung gebunden ist, wundert es nicht, dass in der Folge permanent Archaismen und Mythen inszeniert und diskutiert werden. In der ersten gemeinsamen Nacht auf dem Planten versuchen die Figuren an getrennten Lagerstätten Feuer zu machen. Sie bemühen also eine in der ansonsten technisierten Welt der Serie betont archaische Kulturtechnik. In dieser ostentativen Urszene kommt es bereits zu einer ersten freundschaftlichen Annäherung, indem der Tamarianer seinen brennenden Stock mit Picard teilt.

Nach dem Kampf gegen das Energiewesen am darauf folgenden Tag, der bezeichnenderweise nur mit den altmodischen Messern ausgetragen wird, liegt der Tamarianer schwer verletzt im Sterben. Die Captains befinden sich nun an einem gemeinsamen Lagerfeuer, zelebrieren Freundschaft oder Familienzugehörigkeit, und mit Hilfe von Zeichnungen im Sand gelingt es, die erste und oftmals wiederholte Phrase um Darmok und Jalad auf Tanagra zu verstehen. Sie codiert das Narrativ bzw. sie rekurriert auf die Erfahrung einer sich anbahnenden Männerfreundschaft angesichts einer Gefahrensituation auf einer einsamen Insel.

Ohne dem sterbenden Tamarianer noch vermitteln zu wollen, worum es geht, führt nun Picard das Gilgamesch-Epos an. ‚Gilgamesch und Enkidu in Uruk‘ wäre in der menschlichen Sprache ein Narrativ oder ein Topos, der eine Männerfreundschaft anzitiert, die auf dem ältesten Schriftzeugnis der menschlichen Spezies basiert.

Zurück auf dem Schiff liefert Picard einen Metakommentar zum Geschehen. Er liest Homer als „one of the root metaphors of our own culture“, weil er sich der Relevanz der „own mythology“ bewusst geworden ist, wodurch ein metafiktionaler Hinweis vorliegt, die Episode im Rahmen von Mythen sowie deren literarischer Vermittlung als kollektive Sinnstifter und Urszenen unserer modernen Kultur zu diskutieren.

Dass im Verlauf der Folge auf das Gilgamesch-Epos, Homer und Shakespeare verwiesen wird, erscheint zunächst einmal stimmig. Deren diskursbildende Kraft und stabile Position im Bildungskanon impliziert in gewisser Weise eine mythische Funktion. Aber bemerkenswert ist, dass auch der überaus gebildete Captain Picard Homer nun – zumindest noch einmal – lesen muss und eben nicht unmittelbar präsent hat.

Letztlich stellt sich das Problem, das angesichts der tamarianischen Sprache radikal zugespitzt wird, noch einmal in Bezug auf In- und Exklusionsmechanismen menschlicher Mythen bzw. innerhalb der menschlichen Kultur: Diskursbildende Kraft für wen und welcher Kanon? Mythen müssen populär sein, um wirksam zu werden, und letztlich wird gerade dies in der skizzierten Folge thematisiert.

II.

Scheinbar ganz nebensächlich vollzieht sich nämlich auf dem Planeten ein anderes Geschehen. Zum einen schicken die Tamarianer die beiden Captains nicht auf den Planeten, um ein präformiertes Narrativ aus der tamarianischen Kultur nachzuspielen, also angesichts einer Gefahr eine Freundschaft zu schließen, sondern um einen Akt der interkulturellen Verständigung zu ermöglichen, wodurch eine neue Geschichte entsteht.

Das Thema wird also verschoben und erweitert, weil im Vergleich zum ursprünglichen Narrativ der Aspekt der zu überwindenden Kommunikationsbarriere hinzukommt. Zum anderen filmt der Tamarianer das Geschehen auf dem Planeten, wodurch deutlich wird, dass Deanna Trois Hinweis auf die Relevanz der „narrative imagery“ und „imagery“ durchaus ernster genommen werden sollte als Picards Konzentration auf Mythen und Metaphern.[4]

Durch die Modifikation des Handlungsschemas und die Fixierung des situativen Geschehens auf Bildmaterial erweitert sich schließlich das sprachliche Repertoire der Tamarianer. „Picard and Dathon at El-Adrel“ kann zu einem neuen Narrativ oder Topos werden, weil über die Filmaufnahme, die Picard der tamarianischen Crew nach dem tragischen Abenteuer überreicht, die situative Wahrnehmung und kollektive Zeugenschaft der Tamarianer sichergestellt ist.

Das Thema der Episode ist also nicht nur das der interkulturellen Begegnung mit all ihren sprachlichen Schwierigkeiten aufgrund der jeweiligen Abhängigkeit von kollektiven Mythen und Metaphern, sondern viel konkreter das eines sich fortschreibenden Semioseprozesses auf Basis von raumzeitlicher Koexistenz, von geteilter Wahrnehmung und Kenntnis eines Ereigniszusammenhangs und vor allem den medientechnischen Erweiterungsmöglichkeiten einer derartigen Verzahnung aufgrund von bildlicher Fixierung und deren Transponierbarkeit.

Letztlich wird das Entstehen und die Tradierung populärkultureller Mythen auf Basis massenmedialer Verbreitung vor Augen geführt. Somit reflektiert sich das Star Trek-Universum als populärkultureller Mythos oder Mythos der Populärkultur selbst. Und die fiktiven Kommunikationsmechanismen springen von der Handlung der Folge metafiktional auf die Kommunikation mit den Zusehenden über.

Ist das Augenmerk erst einmal auf den visuellen Aspekt gerichtet, auf unmittelbare situativ-sinnliche Wahrnehmung sowie vor allem deren filmische Reproduktion und Verbreitung, fällt auf, dass die Folge recht deutlich Klischees der menschlichen Medienkultur thematisiert. Was zunächst einmal nur an in bestimmten Kreisen außerordentlich populären und fest kanonisierten literarischen Werken deutlich wird – Gilgamesch, Homer, Shakespeare –, rückt noch einmal anhand der visuellen Inszenierung von Archaismen wie Lagerfeuer und Messerkampf in einer felsigen und steppenartigen Landschaft in den Blick.

Bei dieser Situation handelt es sich um einen Standarttopos für Männerfreundschaften, der aus Western und Abenteuerfilmen bestens bekannt ist. Der Plot der Folge ist überdeutlich popkulturell präformiert. Darüber hinaus werden reflexiv filmische Darstellungsmittel über eine stereotype Kameraführung verhandelt. Während die Captains in der ersten Lagerszene nicht gleichzeitig im Bild erscheinen, sondern vorwiegend durch wechselseitige Perspektivierung mit Schuss und Gegenschuss gegeneinander montiert werden, wird die zweite Szene am Lagerfeuer u.a. in einer auffälligen Weitwinkelaufnahme präsentiert. Die Figuren sind beide im Bild zu sehen, ebenso ein großer Teil der Kulisse, die vom Lagerfeuer beleuchtet wird. Für einen Moment wird eine überschaubare und behagliche Idylle, ein εἰδύλλιον, eingefroren.

Diese schon fast seit Entstehen des Films gängigen Darstellungsverfahren sind so vertraut, dass das „imagery“ der Szenenfolge allein ein Narrativ transportiert, ohne dass es eines textuellen Kommentars bedürfte. Vor allem in der zweiten Lagerfeuerszene liefern allein Kulisse und Anordnung der Figuren ein ganzes Narrativ bzw. aktualisieren die Elemente bei Zusehenden ziemlich zielgerichtet einen aus anderen Kontexten bereits präformierten Plot.

Als Zusehende sind wir in das Spiel einbezogen, das sich in der Handlung entfaltet, und wir decodieren weit mehr auf Basis von kulturellem und intertextuellem Vorwissen, als uns bewusst ist. Während die Sprache der Tamarianer explizit als unverständlich dargestellt wird und sich Zusehenden ebenso wenig erschließt wie der Crew, vollziehen sich auf der Enterprise bei dem Versuch, den Captain wieder von dem Planeten hochzubeamen, die üblichen technischen Manöver, die allerdings scheitern.

Datas Begründung ist einfach: „The Tamarians are projecting a partical-sustaining beam into the atmosphere. The result is a hyper-ionisation, that virtually disrupts EM and subspace carriers.” Nur diejenigen, die das Prinzip von Science-Fiction-Serien überhaupt nicht verstehen und insgesamt über keinerlei Medienkompetenz verfügen, bemühen sich vielleicht, das Gesagte genau nachzuvollziehen, und mögen verwirrt sein.

Unter diesen sinnieren die naturwissenschaftlich Informierten, die den Zusammenhang von atmosphärischer Ionisierung und der Störung von Transmissionen prinzipiell begreifen können, vielleicht ebenfalls zu lange über den entsprechenden Grundlagen. Minimal Serien- und Science Fiction-erfahrene Zusehende normalisieren die Aussage vermutlich ungebrochen dahingehend, dass das Zurückbeamen aufgrund von seitens der Tamarianer hervorgerufenen physikalischen und technischen Störungen eben nicht funktioniert.

Man setzt implizit voraus: Um den Plot zu erfassen und das Geschehen einordnen zu können, ist es nicht nötig, die naturwissenschaftlichen Hintergründe genauer zu durchschauen. Und man weiß: Captain Picard sitzt auf dem Planeten fest und muss im Folgenden eine Herausforderung meistern. Lediglich die Sheldon Coopers dieser Welt sind in der Lage, sowohl die realen naturwissenschaftlichen Grundlagen, die entsprechenden Modifikationen im Star Trek-Universum sowie die dramaturgischen Folgen der Szene zu überblicken. Verfolgt man also, wie hypothetische Rezipienten auf die angebotenen Elemente reagieren könnten, ergeben sich zunächst einmal In- und Exklusionsmechanismen bzw. die Voraussetzungen von Partizipation und Ausschluss.[5]

Die unendliche popkulturelle Semiose geht aber auch weiter, weil mit Sheldon Cooper kein hypothetischer, sondern ein quasi-realer Rezipient vorliegt. Zwar handelt es sich um eine fiktionale Figur, aber als fester Bestandteil der Medienkultur zur Prime Time in der Serie Big Bang Theory ist er mit vielerlei Facetten und eben auch als Meta-Kommentar zu Star Trek gefilmt, präsent, zugänglich, konserviert, fixiert, rezipiert, besprochen und bewertet.

Es hat sich auf der zweiten Ordnung ein Bezugssystem ausgebildet, das die Rezeption von Star Trek spiegelt bzw. ist und selbst wiederum ein popkulturelles Element darstellt, das kommunikative Anschlüsse sucht und findet. Wir haben mit Sheldon Cooper den idealen Star Trek-Rezipienten mit umfassender kultureller und intertextueller Kompetenz, gleichwohl ohne soziale Fähigkeiten und auch ohne Gespür für das humanistische Ethos der Serie, der auf dem Bildschirm ausagiert, was sich auf Sofas vor dem Fernseher, in Fanzines und Foren bereits abgespielt hat, und der selbst wieder in ähnlichen Anschlusskommunikationen zur Debatte steht.

Rezeption wird in Produktion integriert, die rezeptive Aufmerksamkeit gegenüber massenmedialen Angeboten in sich selbst gespiegelt und wieder der Rezeption als Gesprächsanlass zugespielt. Auch die in der Darmok-Episode aufgezeigten Kommunikationsschwierigkeiten, also der vom Scheitern bedrohte Anschluss, der sich metafiktional auf bestimmte Rezipientengruppen ausweiten kann, findet in Big Bang Theory seine Inszenierung in der Figur der Serviererin Penny.

Diese ist in der Serie als Stör- und Verfremdungselement für den typischen Nerd verankert, die dessen ungebrochenen kommunikativen Zugang zu dem Star Trek-Universum hinterfragt. Sie macht die Außenseite der popkulturellen Kommunikation innerhalb derselben sichtbar; dysfunktionale Rezeptionsprozesse werden produktiv integriert. Die Popkultur reflektiert sich selbst in ihren Voraussetzungen und Mechanismen, die zwischen Ausschluss und Einbeziehung changieren, und schreibt sich gleichzeitig in einer unendlichen Semiose fort.

Sowohl in der Star Trek-Folge selbst als auch in Big Bang Theory wird deutlich, dass es Grenzen der populärkulturellen Kommunikation gibt, dass es sich nicht um ein schrankenlos zugängliches Feld handelt, sondern dass spezifische, die allgemeine ‚Mediengrammatik und -semantik’ übersteigende Genreregeln, Handlungskonventionen, Sprachrituale etc. bekannt sein müssen, damit Überraschungen, Gags etc. wirksam werden können.

Die Teilnahme am Ursprung bestimmter Narrative und Topoi garantiert deren Funktionalität in der Folgekommunikation, also eine spezifische Anschlussfähigkeit, wie dies auch für die tamarianische Sprache gilt. Das hat Exklusionen zur Folge, aber es ist möglich, neue Verbindungen und Kopplungen herzustellen und die Grenzen zu erweitern, die eigene Außenseite wieder einzuholen.

Wesentlich ist dabei gerade die selbstreferentielle Verhandlung dieses Prozesses im laufenden Vollzug. Die Folge Darmok rückt reflexiv in Erinnerung: Science Fiction unterliegt zunächst einmal prinzipiell bestimmter Genreregeln, vor allen anderen dieser, dass man sich auf eine Welt mit einer uns fremden Eigengesetzlichkeit einlassen muss.

Diese Eigengesetzlichkeit betrifft dann die spezifischen Regeln der jeweiligen fiktiven Welt, so z.B., dass im Star Trek-Universum Raumüberschreitungen aller Art möglich und für die Handlung konstitutiv sind, Zeitreisen hingegen nur in Ausnahmen gelingen und außerdem gegen die oberste temporale Direktive verstoßen oder spezieller dass Beamen grundsätzlich möglich ist, im Falle von Interferenzen aber nicht gelingt.

Schließlich bildet sich auf dieser Basis im Verlauf der Folgen ein erwartbares Handlungsmuster sowie eine spezifische Charakteristik der Figuren aus, mit denen nach dem Prinzip von Schema und Variation gespielt werden kann. Um all dies möglichst umfassend einordnen zu können, müssen Rezipienten Teil der Medienkultur sein und sich – bestenfalls von Beginn an – in die Star Trek-Serie hinein sehen oder hinein gesehen haben. Und diese Voraussetzung fordert die Serie in höherem Maß bzw. diese Voraussetzung ist bei einem kleineren Kreis gegeben, als dies beispielsweise bei Liebesfilmen der Fall ist.

Pop- oder Populärkultur lässt sich kaum hinreichend definieren, aber im Einzelfall lassen sich ihre Bestandteile hinsichtlich ihrer Popularität sehr genau verfolgen mit allen textuellen Eigenheiten, sozialen Interaktionen sowie den epistemologischen und axiologischen Implikationen dieses Diffusionsprozesses.

III.

Während anhand Captain Picards Kommentierung der Situation in der beschriebenen Star Trek-Episode vor allem deren Reflexion im Zusammenhang mit literarischen Mythen und Metaphern nahe gelegt wird, diskutieren Deanna Troi und Data die Bildlichkeit, auf der die Sprache der Tamarianer ebenso basiert wie die gesamte Folge selbst.

Im vorliegenden Kontext war bislang recht unspezifisch die Rede von Narrativen und Topoi. Dies ist nahe liegend, weil es sich bei den tamarianischen Phrasen erkennbar um Mini-Narrative von Begebenheiten handelt. Eine oder mehrere Personen waren an einem Ort, als etwas geschehen ist.

Da dies jedoch nicht weiter ausgeführt wird, keine genauen Handlungen deutlich werden, keine Begründungszusammenhänge vorliegen, ist es nicht weniger schlüssig, die Phrasen als feste Topoi im Sinne von Formeln oder Klischees zu betrachten, die allerdings ein Narrativ zielgerichtet anstoßen, indem es vom Empfänger auf Basis von Vorwissen zuverlässig als ein solches decodiert und entfaltet werden kann.

Wenngleich Ernst Robert Curtius den Topos strikt als literarisches Phänomen definiert hat, lassen sich seine Ausführungen auf das vorliegende Beispiel übertragen. „Ein Topos ist etwas Anonymes. Er fließt dem Autor in die Feder als literarische Reminiszenz. Er hat eine zeitliche und räumliche Allgegenwart wie ein bildnerisches Motiv.“[6]

Curtius rückt den Topos nicht nur in den Bereich des Bildhaften, sondern betont dessen starke zeitliche und räumliche Rückbindung, auch wenn er historisch wandelbar bleibt und als Reminiszenz frei zirkuliert. Die Anonymität des Topos verweist auf die Kollektivität des Phänomens, das nicht originell und kreativ von einem Schriftsteller erfunden, sondern auf Basis gemeinsamen kulturellen Wissens aktualisiert wird.

Dass die Toposforschung im Sinne Curtius’ eher einer Collagetheorie entspricht, indem Topoi als Formeln, Stereotypen und Klischees verstanden werden, deren historische Zirkulation zu beschreiben ist, und nicht der antiken und frühneuzeitlichen Topik als Ordnungs-, Subsumierungs- und Findungslehre von Argumenten, ist oftmals diskutiert worden.[7] Auf den Zusammenhang von transzendentaler Aussage- bzw. En- und Decodierungsbedingung und den Code selbst wird noch einmal zurück zu kommen sein. In jedem Fall eignen sich Curtius’ Überlegungen durchaus, um eine Medienarchäologie zu betreiben, die sich “[I]dentifying topoi, analyzing their trajectories and transformations, and explaining the cultural logics that condition their ‚wanderings‘ across time and space”[8] zum Ziel setzt.

Was aber unter der kulturellen Logik zu verstehen ist, die die Zirkulation bestimmter Elemente erklärt, lässt sich erst mit Rückgriff auf semiotische Konzepte überdenken, mittels derer der Rezeptions- und Weiterverarbeitungsprozess kultureller Versatzstücke in den Blick genommen werden kann. Umberto Eco beschreibt in seiner Studie Lector in fabula,[9] wie Rezeptionsprozesse in Texten selbst bereits verankert sind, weil in diesen sowohl Rahmen als auch Lücken existieren, die mit dem enzyklopädischen Wissen, der Weltkenntnis und dem Erfahrungshorizont, der intertextuellen Kompetenz sowie dem diskursiven und kulturellen Kontext des Rezipienten interagieren.

Ecos semiotisches Konzept muss nicht in seiner gesamten Komplexität rekapituliert werden, um es für eine Diskussion populärkultureller Phänomene fruchtbar zu machen. Zunächst einmal ist interessant, dass von Beginn an verschiedene zirkuläre Prozesse angesprochen werden, so z.B. der, dass es keine formalisierbaren Reaktionen – als primäre Rezeption und als wissenschaftliche Betrachtung dieses Prozesses auf einer Metaebene – ohne ein sinnzuweisendes Vorverständnis geben kann, welches allerdings nicht in einem engeren hermeneutischen Sinne aufzufassen ist:

„Formale Strukturen zu isolieren, bedeutet zugleich, ihre Relevanz zu erkennen; relevant aber sind sie nur im Hinblick auf eine umfassende Hypothese, in welcher der Sinn des Kunstwerks bereits antizipiert wird.“[10] Dies lässt sich auf jeden Text anwenden und nicht nur auf populärkulturelle Phänomene, aber diese basieren in besonders hohem Maß auf einer Partizipation, die auf Vorwissen durch mediale Präformierung basiert.

Ebenso wie man die tamarianische Sprache ohne Vorwissen nicht erfassen kann und die gelungene Transformation formaler Strukturen erst einen Sinn ergäbe, wenn Bedeutungen bereits präsent wären, müssen auch die Gesichtspunkte, unter denen Aussagen zu verstehen sind und wodurch sie ihre Bedeutsamkeit entfalten, in Bezug auf zahlreiche andere Aussagen in der Serie durch Vorwissen gewählt, eine Zuweisung von Relevanz also durch die Antizipation von Sinn vorgenommen werden.

Bezüglich Datas Aussage über die Unmöglichkeit, den Captain von dem Planeten zurückzubeamen, ist also zunächst einmal nicht relevant, die naturwissenschaftlichen Hintergründe zu verstehen, warum dies nicht funktioniert, sondern es ist relevant zu registrieren, dass dies nicht funktioniert, wodurch der Fokus auf das Geschehen auf dem Planeten gelenkt wird, das nun wiederum, wie bereits beschrieben, anhand von Handlungselementen, der Kulisse sowie der Kameraführung bei den Zusendenden Wiedererkennungseffekte erzeugt und vor allem dadurch fast ebenso leicht decodierbar ist wie für die Tamarianer die Phrase über Darmok und Jalad auf Tanagra.

Zentral für den vorliegenden Zusammenhang ist Ecos Begriff der Szenographie, der auf Marvin Minskys Konzept des Frames aus der KI-Forschung zurück geht. „A frame is a data-structure for representing a stereotyped situation, like being in a certain kind of living room, or going to a child’s birthday party. Attached to each frame are several kinds of information. Some of this information is about how to use the frame. Some is about what one can expect to happen next. Some is about what to do if these expectations are not confirmed.”[11]

Es handelt sich um eine mentale Datenstruktur, die dazu dient, eine stereotype Situation zu repräsentieren, die angesichts neuer Situationen erinnert und aktualisiert wird.[12] Es liegen also prästabilisierte Scripte für Orte, Zeiten, Handlungen, konventionalisierte Standartsituationen etc. vor, die Verständigung erleichtern, Handlungsabläufe vorgeben, Verhaltensweisen regulieren.[13]

Mediale Präformierung ist dabei von entscheidender Bedeutung. „Kein einziger Text wird unabhängig von den Erfahrungen gelesen, die aus anderen Texten gewonnen wurden. Die intertextuelle Kompetenz […] stellt einen besonderen Fall von Übercodierung dar: sie gibt die eigenen Szenographien vor. […] Die intertextuelle Kompetenz […] umfaßt alle dem Leser vertrauten Systeme. […] Tatsächlich könnte der Begriff der intertextuellen Szenographie den Topoi der klassischen Rhetorik oder den Motiven angenähert werden […].“[14]

Szenographien nehmen eine Zwischenstellung zwischen Gattungsregeln ein, die den Plot mitunter determinieren, und Motiven, Handlungssequenzen, Kulissen etc.[15], die als Inhalte eines Plots verankert werden können. Sie haben also eine ontische Zwischenstellung zwischen der transzendentalen Bedingung zur Erzeugung von Inhalten und konkreten Inhalten.

Eco verweist darauf, dass Szenographien als Regeln eine Reihe von Fällen vorschreiben: Akteure, Mittel, Handlungstypen, Themen etc.[16] Gleichzeitig sind sie selbst allzu konkret wahrnehmbar und beschreibbar, um sich nur in dieser Anweisung zu erschöpfen.[17]

Auch in dieser Hinsicht ähneln Szenographien den Topoi, die mal als Wegweiser zum Argument, mal als Argument gebraucht werden. Wenn Minsky von Kindergeburtstagen spricht und Eco von Supermarktbesuchen[18] befinden wir uns im Bereich allgemeiner zwischenmenschlicher Kommunikation, aber Eco betont, wie zuvor zitiert, dass Szenographien sich nicht selten auf Basis intertextueller Zirkulation und deren Kompetenz einstellen.

Wichtig ist also eine bestimmte literarische oder massenmediale Sozialisation, aufgrund derer intertextuelle Szenographien verfügbar sind. Dabei bilden sie, um es noch einmal zu betonen, eine Beschränkung für den prinzipiell unbegrenzten Semioseprozess, weil sie recht konkrete Vorgaben sind oder machen, unter welchem Gesichtspunkt ein Gegenstand aufgefasst wird, welche Relevanz ihm zugeschrieben wird und welche Interpretation oder Folgehandlung gewählt wird.

Um dies noch einmal begrifflich zu wenden und dessen soziale und kulturelle Dynamik zu beschreiben, kann Michael Tomasellos entwicklungs- und evolutionspsychologisches Konzept der Szene gemeinsamer Aufmerksamkeit medientheoretisch umgedeutet werden.[19] Matthias Bauer macht Tomasellos Ansatz in Verbindung mit Ecos Untersuchungen fruchtbar, um die Komponenten von kulturellen Semiose- und Signifikationsdynamiken aufzuzeigen.[20] Bauer beschreibt in Anlehnung an Tomasello, wie Symbole und Zeichen allgemein stets auf Szenen gemeinsamer Aufmerksamkeit verweisen, die den sozialen „Hintergrund aller Bedeutungen, die kommunizierbar sind“[21], bilden.

Es liegt bei Tomasello eine Spracherwerbstheorie zugrunde, die die Relevanz sozialer Partizipation, deiktischer Gesten und gemeinsamer Blickwinkel betont. Indem auf konkrete gemeinsame, geteilte Szenen verwiesen wird, stellt sich ein pragmatischer Rahmen für den Gebrauch von Symbolen und Zeichen ein, der über deren einfache Referentialisierung hinausgeht. „In verschiedenen Kommunikationssituationen kann z.B. ein und dasselbe Objekt als Hund, Tier, Haustier oder als Plage aufgefaßt werden […], wobei jede solcher Auffassungen von den Kommunikationszielen des Sprechers abhängt.“[22]

Bauer konkretisiert: Im gesellschaftlichen Zeichenverkehr kommt es darauf an, „die eigenen Handlungen und die der verschiedenen Interaktionspartner einerseits auf die ihnen gemeinsame Umwelt, andererseits aber auch auf die Gedanken und Empfindungen von ego und alter zu beziehen, die diese Handlungen motivieren oder reflektieren.“[23]

D.h. Kommunikation ist stets auf eine gemeinsame Umwelt bezogen, und es kommt zu einer wechselseitigen Verständigung nicht nur über dieses Bezugsfeld, sondern auch voneinander anhand dieses Bezugsfeld. Und dieses Bezugsfeld ist in großem Maß nicht das der realen Umwelt, sondern fiktionaler oder allgemein massenmedialer Angebote.

Eco beschreibt offene Kunstwerke und legt eine generelle Text-Leser-Theorie vor. Tomasello fokussiert ganz allgemein den phylo- und ontogenetischen Spracherwerb. Der Begriff der Szenographie sowie der der Szene gemeinsamer Aufmerksamkeit lassen sich aber heuristisch fruchtbar machen, um in einem engeren Sinn pop- oder populärkulturelle Kommunikationsmechanismen in den Blick zu nehmen.

Eco weist selbst darauf hin, dass gerade literarische Texte durchaus einen „Fundus“ bemühen können, „über den nicht alle Mitglieder einer bestimmten Kultur verfügen.“[24] Außerdem stellt er fest, dass einige Texte eine scharf umrissene Zielgruppe adressieren.[25] Szenographien bilden also die Voraussetzungen dafür, dass kommunikative Anschlüsse möglich sind, und sie sind ihrerseits voraussetzungsreich, sodass sie auch Ausschlüsse produzieren.

Eine funktionale Szenographie basiert auf einer Szene gemeinsamer Aufmerksamkeit, und sowohl der soziale und kommunikative Akt der gemeinsamen Aufmerksamkeit als auch die Szenographie bilden einen Teil der Pop- oder Populärkultur, der sich in sozialer Hinsicht in seinem Ursprung zumeist konkret fixieren lässt und dessen Reichweite konkret ausgemessen werden kann, weil er sich an konkret datierbarem und lokalisierbarem Material aufweisen lässt.[26]

Ursprung, Beschaffenheit und Extension einer Szenographie verschränken ästhetisch-textuelle und sozial-kommunikative Mechanismen, mittels derer sich Populärkultur fortschreibt, und die Verfügbarkeit einer Szenographie definiert konkret quantifizierbar bestimmte Textsorten und bestimmte Rezipientengruppen.

Am Beispiel des Beamens lässt sich dies grob vorführen, zumal Eco selbst das Beamen in Lektor in fabula thematisiert hat. Eco betont 1979 noch eigens die Voraussetzung, dass Rezipienten Weltwissen suspendieren müssen, um bei einem Vorgang wie dem Beamen überhaupt zu akzeptieren und zu normalisieren, dass er möglich ist.[27] Er verweist also auf die vorauszusetzenden Genreregeln, die selbstverständlich auch heute noch gelten, aber mittlerweile handelt es beim Beamen, sofern es nicht in besonderer Weise z.B. über eine Störung herausgehoben wird, um eine science-fiktionale Standardsituation.

Die Szenographie ‚Transporterraum‘ ist heute nicht nur Trekkies oder Science Fiction Fans bestens bekannt. Ein Außeneinsatz der Crew oder ein Fremdkontakt mit einer anderen Spezies steht an, wenn dieser Raum präsentiert wird. Er liefert die Szenographie für einen bestimmten Plot. Die visuelle Auflösung einer Figur mit einer bestimmten akustischen Begleitung wird jenseits der Star Trek-Serien und -Filme wiederum gewissermaßen als Collageelement in zahlreichen Shows reproduziert.

Spätestens mit dieser Zirkulation, die bereits auf der Popularität von Star Trek beruht, verschiebt sich die Verfügbarkeit dieses Versatzstücks, wird es allgemeiner zugänglich, und es ist und liefert zugleich möglicherweise ganz neuartig aufgeladene Szenographien, die den Rahmen des Science Fiction längst überschritten haben, indem das Beamen heute beispielsweise zum geflügelten Wort und zur Sehnsuchtsphantasie eines jeden Bahnreisenden geworden ist.

Dass dazu aber immer ein Heisenbergkompensator und im Falle magnetischer Interferenzen auch Musterverstärker nötig wären, dass Transporterscrambler und Remat-Detonatoren hingegen nicht zugegen sein dürfen, wissen die meisten Bahnreisenden vermutlich nicht. Auffällig ist im Übrigen, dass es nicht nur zu einer fortschreitenden Normalisierung und Diffundierung des Beamens im Rezeptionsprozess kommt, sondern dass es auch innerhalb der Star Trek-Serien an Reiz verliert. In Voyager und Deep Space 9 werden Transporterunfälle und andere Vorgänge, die das Beamen in den Mittelpunkt rücken, seltener.

Eine sinkende ästhetische Auslastung und eine zunehmende Diffundierung und Normalisierung gehen bei diesem Beispiel also miteinander einher, das sich aber noch heute leicht in seinem Ursprung, in seiner Urszene gemeinsamer Aufmerksamkeit fixieren lässt. Man muss lediglich auf Star Trek The Original Series schauen, wo der mittlerweile berühmte Satz „Beam me up, Scottie“ entstanden ist und von wo aus er sich verbreitet hat.

Materiell zugänglich sind anhand der Serie Szenographien, die in ihrer textuelle Form und Funktion beschrieben werden können. Ebenso lassen sich Rezeptionsprozesse und Anschlusskommunikationen in Fanzines und Foren usw. usf. konkret verfolgen. Aspekte von Pop- oder Populärkultur formieren sich im Spannungsfeld von Text und Rezeption in ihrer wechselseitigen Voraussetzung und lassen sich als solche scharf stellen, indem gerade diese Voraussetzung, der Mechanismus von In- und Exklusion, sowohl text- als auch rezeptionsanalytisch fixiert werden kann, und was Popkultur ist oder ausmacht, lässt sich möglicherweise auch in einem generelleren Sinn genau an diesem Umschlagpunkt erfassen.

IV.

Star Trek ist im Grunde ein ungeeignetes Beispiel, um popkulturelle Kommunikationsprozesse in ihrer Funktionsweise zu beschreiben. Die Serien dürften im Großen und Ganzen für alle nach 1980 Geborenen kaum noch prägnante Szenographien liefern oder eine Szene gemeinsamer Aufmerksamkeit bilden. Außerdem dürfte das Beispiel des Beamens kaum weitreichende epistemologische und axiologische Implikationen bergen. Als Untersuchungsgegenstand sollten die Serien im vorliegenden Text nicht präsentiert werden.

Interessanter ist die Tatsache, dass die eingangs skizzierte Episode selbst die Grundlagen von kultureller Interaktion, Partizipation und Integration reflektiert, dass sie reflexiv die Mechanismen vorführt, auf der sie als Teil der Pop- oder Populärkultur basiert. Geschlossene Kommunikationssysteme enthüllen die Inkommunikabilität ihrer eigenen Kommunikationsvoraussetzungen.

Die als alteritär ausgewiesene szenographische Sprache der Tamarianer spiegelt und radikalisiert die ebenfalls voraussetzungsreiche Konstruktion der Serie, die als Szene gemeinsamer Aufmerksamkeit ein popkulturelles Phänomen darstellt, das in- wie exkludierende Szenographien ausbildet und an sie gebunden ist. Die filmische Reproduktion des Tamarianers, die erst eine Szene gemeinsamer Aufmerksamkeit herstellt und Szenographien zugänglich macht, kann als reflexiver Verweis auf die massenmediale Generierung von Mythen der Popkultur verstanden werden.

Die Episode selbst liefert bereits die Einsichten in populärkulturelle Kommunikation, die mit semiotischem Vokabular im Grunde lediglich noch paraphrasiert werden können. Was nun aber mittels der herangezogenen Begrifflichkeiten in den Blick rückt, sind heuristische und operationale Möglichkeiten, mit Pop- oder Populärkultur umzugehen.

Szenographien sind gleichermaßen virtuelle Größen wie konkrete ästhetische Phänomene, die sich als solche beschreiben lassen, z.B. akustische und visuelle Effekte des Beamens, um bei diesem sehr einfachen Beispiel zu bleiben. Zudem wird Kommunikation aber nun ernst genommen, weil mit den Szenen gemeinsamer Aufmerksamkeit die pragmatische und soziale Dimension in den Blick rückt.

Dies beginnt damit, nach den Rezeptionsbedingungen zu fragen, die sich seit der Original Series deutlich verändert haben. Waren diese nur im Fernsehen zu einer bestimmten Sendezeit zugänglich, konnte die letzte Star Trek-Serie Enterprise auf DVD erworben, zu anderen Rezipienten zeitversetzt wahrgenommen, direkt nacheinander oder dosierter angeschaut werden usw. usf. Dies verändert das Maß an Gemeinsamkeit bezüglich der Aufmerksamkeitsszene.

Zudem lassen sich Rezeptionsprozesse in Folgekommunikationen beobachten, auch soziodemographische Zuordnungen vornehmen. Das Material liegt ebenfalls auf der Hand. Es erstreckt sich von der intertextuellen Fortschreibung in neuen Medieninhalten bis hin zum Austausch in Printmedien, dem Internet, Angeboten und Käufen in Fanshops, dem Besuch von Conventions etc. Die Begriffe haben das Potential im Sinne einer Medienarchäologie popkulturelle Versatzstücke und Dynamiken zu rekonstruieren und das ästhetische Moment mit dem sozialen zu verbinden.

 

Anmerkungen


[1] So wird beispielsweise nicht erläutert, wann und wie der Translator implantiert wird und wie er einseitig funktioniert, wenn eine am Kommunikationsprozess beteiligte Spezies offenbar nicht über einen solchen verfügen kann. Dass es sich dabei um ein Transplantat handelt, das zumindest bei den Ferengi im Ohr sitzt, wird überhaupt erst konkret deutlich, weil der Translator in einer Folge während einer ungewollten Reise in die Vergangenheit des Barkeepers Quark ausfällt und repariert werden muss (DS9 s4e8). Nur durch Störung wird dieser Akteur also solcher überhaupt erst sichtbar. Im Latourschen Sinne könnte man sagen, dass das sich das neutrale funktionierende Zwischenglied zu einem Mittler mit einer gewissen Eigendynamik wandelt (Vgl. Latour, Bruno: Eine neue Soziologie für eine neue Gesellschaft. Einführung in die Akteur-Netzwerk-Theorie. Frankfurt/Main 2007, S. 70). Die Störung der sprachlichen Übersetzung ist jedoch lediglich konstitutiv für komische Effekte in der Folge, ohne dass sie reflexiv zur Debatte stünde, während als Grund für interkulturelle Irritationen vor allem die Zeitverschiebung von einigen hundert Jahren thematisiert wird.

[2] Nur selten wird der Eigenwert der Sprache sowie die Leistung der Übersetzung zum Ausdruck gebracht. So muss Captain Picard eine als exzentrisch ausgewiesene insektoide Spezies in deren Sprache begrüßen (TNG s1e12). Das heikle Unterfangen – der geringste Fehler bei der für menschliche Zungen schwierigen Artikulation könnte zu interkulturellen Konflikten führen – fungiert jedoch nur als Garant für das traditionelle Schema, dass je ein Fremdkontakt eine Episode strukturiert. Denn in dieser Folge wird das bis dahin unbekannte Holodeck in das Star Trek Universum eingeführt und somit ein neuartiger und spannender Plot auf dem Schiff präsentiert, der die Rahmensituation völlig verdrängt.

[3] Gänzlich ausgeblendet wird die Schwierigkeit von Kommunikation anhand der Figur Deanna Troi freilich nicht. So ist sie als Halb-Betazoidin nur Empathin und keine Telepathin, wodurch die von ihr empfangenen Emotionen einer Übersetzung in Sprache bedürfen. Außerdem führen zeitweise Verluste ihrer empathischen Fähigkeiten in der ein oder anderen Folge zu Ratlosigkeiten, die darauf hinweisen könnten, wie problematisch sich sowohl zwischenmenschliche als auch intergalaktische Vermittlung und Verständigung ausnehmen kann (TNG s4e10). Jedoch verbleiben diese Schwierigkeiten in der ansonsten so reflexiv und metafiktional angelegten Serie weitgehend unkommentiert.

[4] Gleichwohl gibt es gute Gründe, die Folge auch in diesem Kontext zu diskutieren. Vgl. die instruktiven Überlegungen von Rauscher, Andreas: Das Phänomen Star Trek. Virtuelle Räume und metaphorische Weiten. Mainz 2003, S. 178ff.

[5] In der Folge häufen sich insgesamt auffällig Aussagen, in denen die menschliche Sprache so verfremdet wird, dass deren Voraussetzungsreichtum ins Auge fällt. Verschiedene soziolinguistische Register sowie vage Anspielungen führen vor, dass der anhand der Tamarianer vorgeführte In- bzw. Exklusionsmechanismus für die menschliche Sprache gilt und auf die menschliche Kommunikation bezogen werden soll.

[6] Curtius, Ernst Robert: Begriff einer historischen Topik. In: Baeumer, Max L.: Toposforschung. Darmstadt 1973, S. 14.

[7] Vgl. die Beiträge in den Sammelbänden Jehn, Peter (Hrsg.): Toposforschung. Eine Dokumentation. Frankfurt/Main 1972; Baeumer, Max L.: Toposforschung. Darmstadt 1973.

[8] Huhtamo, Erkki: Dismantling the Fairy Engine. Media Archeology as Topos Studies. In: Erkki Huhtamo, Jussi Parikka (Hrsg.): Media Archeology. Approaches, Applications, and Implications. Berleley, London 2011, S. 27-47, hier S. 28.

[9] Eco, Umberto: Lector in fabula. Die Mitarbeit der Interpretation in erzählenden Texten. München, Wien 1987.

[10] Eco 1987, S. 13f.

[11] Minsky, Marvin: A Framework for Representing Knowledge. MIT-AI Laboratory Memo 306, June 1974. In: web.media.mit.edu/~minsky/papers/Frames/frames.html. Zugriff: 15.02.2012.

[12] Eco 1987, S. 99/100.

[13] Bauer, Matthias: „Berlin ist eine ausführliche Stadt.“ Einleitende Bemerkungen zur Berliner Stadt-, Kultur- und Mediengeschichte. In: Matthias Bauer (Hrsg.): Berlin. Medien- und Kulturgeschichte einer Hauptstadt im 20. Jahrhundert. Tübingen 2007, S. 15f.

[14] Eco 1987, S. 101.

[15] Eco 1987, S. 102f.

[16] Eco 1987, S. 103.

[17] Anders verhält es sich beispielsweise bei Niklas Luhmanns eindeutige Verwendung des Schema-Begriffs als abstrakte Bedingung der Möglichkeit von Erinnerung und Wiederholung: „So besteht das Gedächtnis denn auch nicht aus einem Vorrat von Bildern, die man nach Bedarf wiederanschauen kann. Vielmehr geht es um Formen, die im unaufhörlichen Zeitlauf der Autopoiesis Rekusionen ermöglichen, also Rückgriffe auf Bekanntes und Wiederholung der Operationen, die es aktualisiert.“ (Luhmann, Niklas: Die Realität der Massenmedien. Wiesbaden. 4. Aufl. 2009, S. 132).

[18] Eco 1987, S. 99f.

[19] Tomasello, Michael: Die kulturelle Entwicklung des menschlichen Denkens. Zur Evolution der Kognition. Frankfurt/Main: Suhrkamp 2006.

[20] Bauer, Matthias: Szenen gemeinsamer Aufmerksamkeit. Medien als Kulturpoetik. Zum Verhältnis von Kulturanthropologie, Semiotik und Medienphilosophie. In: Christoph Ernst, Petra Gropp, Karl Anton Sprengard (Hrsg.): Perspektiven interdisziplinärer Medienphilosophie. Bielefeld 2003, S. 94-118.

[21] Bauer 2003, S. 94.

[22] Tomasello 2006, S. 20.

[23] Bauer 2003, S. 96.

[24] Eco 1987, S. 104.

[25] Eco 1987, S. 69.

[26] Im vorliegenden Zusammenhang ist Moritz Baßlers Studie zur deutschen Popliteratur immer ein wenig mitgedacht (Baßler, Moritz: Der deutsche Pop-Roman. Die neuen Archivisten. München 2002). Dass beispielsweise die in dessen Gefolge viel beachtete Nennung von Markennamen in der Popliteratur eine sehr ähnliche Basis hat und Dynamik entfaltet, wie die hier betrachteten Sprachrituale, Gattungskonventionen und festen Bildbestände aus der Science Fiction, liegt auf der Hand. Im Grunde umfasst auch Baßlers Archivmodell (Baßler, Moritz: Die kulturpoetische Funktion und das Archiv. Eine literaturwissenschaftliche Text-Kontext-Theorie. Tübingen 2005), das die Textualität von Kultur und ihre entsprechende Beschreibbarkeit darlegt, das der Szenographie und implizit auch das der Szene gemeinsamer Aufmerksamkeit, die in gewisser Weise im Begriff der Kultur enthalten ist. „So konkretisiert sich also die These, daß das Archiv als Basis aller kulturwissenschaftlichen Lektüren die Texte und die Diskurse, die Syntagmen und die Paradigmen, die Topik und die Rhetorik einer Kultur enthält; wobei ‚enthält‘ heißt: einer methodologisch fundierten Analyse zugänglich macht.“( Baßler 2005, S. 263) Im Archiv findet sich – Baßler bezieht sich hier auf Roland Barthes – etwas, das den Ecoschen Szenographien sehr ähnelt. „Die Erwartbarkeit, als Definiens der Kontiguität, die der hermeneutische Code produziert, ist eine regelhafte, was nichts anderes besagt als die Tatsache, daß die Folge Erwartung – Verzögerung – Enttäuschung/Erfüllung einem Script folgt, daß wir gewohnt sind, weil es sich in unzähligen Texten des Archivs findet.“ ( Baßler 2005, S. 264) Was Baßler in dem Kontext auflistet, kann auch aus Ecos Modell abgeleitet werden: Gängige Narrative, Gattungs- oder Textsortenmuster, materiell verstandene Paradigmen etc. (Baßler 2005, S. 264f) Baßler diskutiert Ecos Enzyklopädiekonzept jedoch kritisch. Die rhizomatischen Verflechtungen und Netzstrukturen der Enzyklopädie (Baßler 2005, S. 295f) stellen „insofern Verkürzungen des textualistischen Archivmodells dar, als sie eine Repräsentationsform des Wissens zugrunde legen, in der ein Gutteil dessen, was das Model an Auswahl-, Ordnungs- und Hierarchisierungsleistung erst zu erbringen hätte, bereits vorausgesetzt ist.“ (Baßler 2005, S. 298) Die von Baßler zu Recht betonten Voraussetzungen lassen sich für ihn nicht ausreichend materiell aufweisen, konkret lokalisieren und quantifizieren. Aus dem Grund bevorzugt Baßler Intertextualitätsmodelle vor den hier präferierten kultursemiotischen Ansätzen (Baßler 2005, S. 280). Lokalisierbarkeit, Quantifizierbarkeit und auch Datierbarkeit spielen beim vorliegenden Vorschlag ebenfalls eine entscheidende Rolle, aber besonders produktiv erscheinen die von Baßler nicht in Kauf genommenen Verkürzungen, die mit Blick auf Ecos Szenographie-Modell greifbar werden, weil die Szenographien die Voraussetzungen repräsentieren und transparent machen, also das umfassendere und allgemeinere Enzyklopädie-Modell begrenzen. Will man Mechanismen der Popkultur beschreiben, liegt das Moment des Pop gerade in diesen Verkürzungen – die natürlich auf Basis von Baßlers Modell jederzeit, wo es die Fragestellung erfordert, vorgenommen werden können –, denn es geht um das, was einem enzyklopädischen Modell schon vorausgesetzt ist, was bereits auf Auswahl-, Ordnungs- und Hierarchisierungsleistungen basiert. Szenographien der Popkultur sind eben gerade solche, weil sie voraussetzungsreich sind, und diese Voraussetzungen können und sollen an konkretem Material beschrieben werden, das die Bedingungen seiner Möglichkeit durchaus transparent macht.

[27] Eco 1987, S. 189-194.

 

Dr. Maren Lickhardt ist Assistenzprofessorin am Institut für Germanistik an der Universität Innsbruck.